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Beratungs-Notstand in Neumühlen

■ Kirchen-Synode soll Geld für ein Flüchtlingsbüro bewilligen

Hamburg braucht dringend eine unabhängige Beratungsstelle für Asylbewerber in Neumühlen. Das fordern die Pastoren Justus Freitag und Frank Howaldt sowie Vertreterinnen des Flüchtslingsrats und die Rechtsanwältin Cornelia Ganten-Lange.

Aufgrund der neuen Gesetze seien immer weniger Anwälte bereit, den „Streß“ der Asylverfahren auf sich zu nehmen. Auch durch ehrenamtliche Mitarbeit sei der Beratungsbedarf bei den über 2000 Flüchtlingen in der Erstaufnahme nicht zu bewältigen. Ganten-Lange: „Viele Flüchtlinge gehen uninformiert in die Anhörung rein. Sie begreifen gar nicht, daß dies das für sie entscheidende Gespräch ist“. Wird ein Asylbegehren nach diesem „Interview“ abgelehnt, bleiben oft nur acht Tage, um Klage vorm Verwaltungsgericht einzureichen. Argumente, die im ersten Gespräch beim BAFL (Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen) nicht genannt wurden, erkennt das Gericht nicht mehr an.

„Die Kirche muß für eine unabhängige Beratung dieser Menschen sorgen, damit die wenigen Chancen, die es noch gibt, wahrgenommen werden“, so der pensionierte Pastor Justus Freitag. Die Nordelbische Synode hatte sich zwar im September „grundsätzlich“ bereiterklärt, 1994 die Finanzierung einer unabhängigen Beratungsstelle zu übernehmen. Da sich aber kürzlich der Hauptausschuß der Synode dagegen ausgesprochen hat, sei nun „Gefahr im Verzuge“, daß dieser Beschluß unter den Tisch fällt.

In Hamburg gibt es bereits je eine Beratungsstelle des Roten Kreuzes und der Arbeiterwohlfahrt. Aber die, so Ulrike Vollmer vom Flüchtlingsrat, seien „total überlastet“ und zudem auf andere Problematiken spezialisiert. Gerade politisch Verfolgte hätten aber ein grundsätzliches Mißtrauen gegenüber staatlichen Institutionen. Dies habe auch die fatale Folge, daß bei den „Interviews“ oft aus Angst Dinge verschwiegen werden, die im Heimatland als Straftat gelten. Kaija Kutter

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