Benedikt XVI. in Israel: Papst will Antisemitismus bekämpfen
Benedikt XVI. gibt sich in Israel versöhnlich. Denn nach dem Streit um Holocaust-Leugner Richard Williamson regt sich Widerstand gegen den Papstbesuch.
JERUSALEM taz | Zum Auftakt seines fünftägigen Besuchs im Heiligen Land sagte Papst Benedikt XVI., der Antisemitismus müsse weltweit bekämpft werden. Auf diese Weise versuchte das Oberhaupt der katholischen Kirche der Kritik an seiner Person schon unmittelbar nach seiner Landung auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv entgegenzutreten. Die Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan nahmen vor Monaten Schaden, nachdem Benedikt im Januar die Exkommunikation des Holocaust-leugnenden Bischofs Richard Williamson aufgehoben hatte. Benedikt versäumte es, den britischen Kleriker aufzufordern, sich zuvor gegen den Judenhass zu positionieren. Williamson hatte mit Blick auf seine antisemitischen Äußerungen lediglich von einer "unbedachten Bemerkung" gesprochen.
"Wie so viele vor mir, komme ich, um an den Heiligen Stätten zu beten", sagte der Papst in seiner ersten Rede in Israel. Dabei will er seine Gedanken und Bitten auf den "Frieden im Heiligen Land und Frieden in der Welt" konzentrieren. Er appellierte an Israel und die Palästinenser, "jeden möglichen Weg zu versuchen", um die Differenzen beizulegen. Er sprach sich dafür aus, dass "beide Völker in Frieden in ihrer jeweiligen Heimat innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen leben können".
Den Papst empfing Israels Staatspräsident Schimon Peres am Montagvormittag, auf dessen Einladung er die Reise unternahm. Zugleich war Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit seinem Kabinett anwesend. Mit Abwesenheit glänzten aber die Minister der orthodoxen Schass-Partei, die den Empfang mit dem Hinweis auf Joseph Ratzingers Mitgliedschaft in der Hitlerjugend boykottierten.
"In unserem Land leben Juden, Christen, Muslime, Beduinen und Tscherkessen zusammen", sagte Peres und betonte die strikte Glaubensfreiheit, die der Staat Israel jeder Religion gewähre. "Sie leben unter dem gleichen Himmel und beten zum allmächtigen Gott." Der Besuch Benedikts XVI. führe zu einer "gesegneten Verständigung zwischen den Religionen".
Von gegenseitigem Verständnis zwischen katholischer Kirche und Juden konnte jedoch vor dem Besuch des Papstes nicht die Rede sein. Den Besuch des Pontifex in der Gedenkstätte Jad Vaschem empfanden einige israelische Muslime als Affront. Die "Islamische Bewegung - Nordabschnitt" rief zum Boykott des Papstes und der Schließung der Läden in Nazareth während seines Besuchs in der Stadt auf.
In der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem legte Benedikt in der Halle der Erinnerung einen Kranz nieder. Das Museum ließ er allerdings tunlichst links liegen. Dort nämlich erinnert eine Schrifttafel an Papst Pius XII., dessen Heiligsprechung der Vatikan derzeit prüft, und der in seiner Amtszeit während des Zweiten Weltkrieges "weder mündlich noch schriftlich gegen den Mord an Juden protestiert hat". Er habe selbst dann nichts unternommen, als die Deportation der Juden aus Rom begann. "Sein Schweigen und die Mangel von Verhaltensrichtlinien zwang die Kleriker in Europa selbst darüber zu entscheiden, wie sie sich verhalten sollen", steht auf der Tafel. Erst vor wenigen Wochen stellte sich Papst Benedikt verteidigend auf die Seite seines Vorgängers. Pius habe "keine Anstrengung gescheut, um Juden zu retten", sagte er.
Benedikt selbst geriet in die Kritik des homosexuellen Meretz-Abgeordneten Nitzan Horowitz, der die Meinung vertritt, dass der Papst "die Welt schlechter macht". Benedikt sei ein Vertreter des "religiösen Radikalismus", wenn er Abtreibungen auch für minderjährige Vergewaltigungsopfer verbietet. Außerdem fördere er mit seiner Ablehnung von Partnerschaften unter Gleichgeschlechtlichen die Diskriminierung gegen Homosexuelle.
Zwei extrem rechtsreligiöse Israelis forderten am Montag ein Gerichtsverfahren gegen Papst Benedikt und ein Ausreiseverbot, um die angeblich vor 2.000 Jahren aus dem jüdischen Tempel geplünderten Wertgegenstände zurückzuerhalten. Dabei handelte es sich um zwei Altäre sowie einen siebenarmigen Leuchter und Vorhänge. Die beiden Extremisten behaupten, die Gegenstände würden in den Kellern des Vatikan aufbewahrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!