Benedikt XVI. bereist Afrika: Papst ächtet Kondome
Erstmals besucht Papst Benedikt XVI. Afrika. Das sollte ein Anlass für schöne Bilder und warme Worte sein, stattdessen hagelt es Kritik. Der Grund: Benedikt meint, Kondome verschlimmern die Aids-Epidemie.
YAOUNDÉ ap/dpa Zum Auftakt seiner ersten Afrika-Reise besucht Papst Benedikt XVI. das westafrikanische Kamerun. In der Haupstadt Yaoundé wurde der Papst von Staatspräsident Paul Biya herzlich empfangen begleitet von Marschmusik und vielen bunten Fähnchen.
"Ein Christ kann niemals schweigen angesichts von Leiden und Gewalt, Armut, Hunger, Korruption und Machtmissbrauch", sagte der deutsche Papst bei seiner Ankunft. Er bringe eine "Botschaft der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens." Auf die konkrete Situation in Kamerun ging der Papst nicht ein. Staatspräsident Biya regiert das Land seit 1982. Amnesty International wirft seiner Regierung Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung von politischen Gegnern vor.
Bereits vor seiner Ankunft in Yaoundé hatte der Papst durch befremdliche Äußerungen zur Frage der Bekämpfung der Aids-Epidemie für viel Ärger gesorgt. Noch während des Fluges sagte Benedikt vor Journalisten: "Die Immunschwächekrankheit Aids ist nicht mit Kondomen zu überwinden, im Gegenteil, das verschlimmert nur das Problem.“ Damit betonte er erneut die Ablehnung von Kondomen durch die katholische Kirche. Vielmehr sei eine spirituelle und menschliche Erneuerung der einzige Weg aus der auf dem Schwarzen Kontinent grassierenden Seuche.
Die Kritik an dieser Ächtung von Kondomen folgte umgehend: Der Papst sollte besser die Verbreitung von Kondomen fördern und den Menschen ihre Verwendung beibringen, wenn er es ernst meine mit dem Kampf gegen Aids, sagte Rebecca Hodes von der südafrikanischen Organisation Treatment Action Campaign.
Mit seiner Opposition gegen die Verhütung zeigte Benedikt, "dass ihm das religiöse Dogma wichtiger ist als das Leben von Afrikanern", sagte Hodes. Es sei richtig, dass Kondome nicht die einzige Lösung für die Aids-Probleme in Afrika seien. Sie seien aber eines von wenigen erprobten Mitteln, um HIV-Infektionen zu verhindern.
Auch in der kamerunischen Hauptstadt lösten seine Äußerungen kritische Reaktionen aus. Stanley Obale Okpu vom Ministerium für Stadtentwicklung meinte: "Was der Papst sagt, ist ein Ideal für die katholische Kirche. Aber er muss auf die Realität an der Basis schauen." In ganz Afrika seien Kondome sehr wichtig, nicht nur für den Kampf gegen Aids, sondern auch zur Geburtenkontrolle.
Das Weltkinderhilfswerk UNICEF reagierte mit Unverständnis auf die Äußerungen des Papstes. Erwachsene und Jugendliche müssten wissen, wie man sich vor Aids schützen könne, sagte die deutsche Geschäftsführerin Regine Stachelhaus dem Kölner Stadt-Anzeiger. Und Kondome seien nun einmal Teil der weltweiten Aufklärungskampagnen, bei denen sexuelle Abstinenz und Treue ebenfalls eine Rolle spielten.
Kritik üben auch deutsche Politiker. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der Hamburger Morgenpost: "Bei allem Respekt vor dem Papst, und ich bin selbst Katholik, aber diese Position halte ich für absurd." Als "höchst unverantwortlich" bezeichnete die Grünen-Chefin Claudia Roth die Haltung Benedikts. "Der Papst setzt damit eine kontraproduktive, destruktive, lebensfremde und liebesfeindliche Politik fort, die jeglichen vernünftigen Ansatz bei der Bekämpfung der HIV- und Aids- Epidemie zunichte macht", sagte sie der Zeitung.
Bei seinem ersten Besuch auf dem Schwarzen Kontinent wird Benedikt auch noch in das von 27 Jahren Bürgerkrieg gezeichnete Angola reisen. Dort wird er am Freitag erwartet. Afrika gilt als "Wachstumsregion" der katholischen Kirche, aber auch von Freikirchen - und ist massiv von der globalen Krise betroffen.
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