KOMMENTAR: Benazir und die Armee
■ Benazir Bhutto zur Premierministerin Pakistans gewählt
Man hat sich im Lande der „arrangierten Ehen“ wieder einmal arrangiert. Benazir Bhutto hat die islamischen Voraussetzungen für ein hohes Staatsamt mit Mann aus besten Kreisen und Kind im sittsam traditionellen Purdah-Outfit erfüllt, die sozialistische Patina der Pakistanischen Volkspartei marktwirtschaft- und US-freundlich aufpoliert, die Idee einer Landreform ad acta gelegt und die Beziehungen des Bhutto-Clans zur gemäßigten Fraktion der Militärs ausgebaut. Als Regierungschefin tritt sie ein Amt an, das ihr mit 94 von 237 Parlamentssitzen und bei der Bestechlichkeit pakistanischer Abgeordneter vorerst gar nichts garantiert außer der Gewißheit, jederzeit wie schon ihr Vorgänger Junejo entlassen werden zu können.
Und was hätte man mit ihrem Gegenspieler Nawaz Sharif, dem männlichen Premier der Verliererpartei, schon gewonnen? Sozialen Sprengstoff der um ihr Votum betrogenen PPP –Anhängerschaft – mehr sozialen Sprengstoff, als ihn sich die waffengeladene pakistanische Gesellschaft derzeit leisten kann. Mit einer Frau an der Spitze eines islamischen Staates hat man vorerst Ruhe gewonnen und die Gewißheit, daß sich so schnell nichts ändern wird. In dem von ethnischen und religiösen Konflikten zerklüfteten und so gut wie bankrotten Staat wird sich auch Benazir auf die Streitkräfte verlassen müssen. Dies um so mehr, weil sie weder auf den Islam noch auf die stabilisierende Kraft außenpolitischer Feindbilder bauen will. Dennoch: Mit der ersten weiblichen Regierungschefin eines islamischen Staates haben jene Frauen etwas zurückgewonnen, auf deren Kosten General Zia elf Jahre lang seine Islamisierungspolitik inszenierte.
Simone Lenz
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