: Belohnung für Abhöraffäre
■ Der umstrittene Sicherheitsbeauftragte Seemann wird befördert statt versetzt / GAL: „Der Justizapparat diktiert Hardraht wo's langgeht“ Von Silke Mertins
Nach dem Abhörskandal in der Justizbehörde versprach Senator Klaus Hardraht „alles“ zu tun, „um eine Wiederholung zu vermeiden“. So kündigte er an, daß der ins Kreuzfeuer der Kritik geratene Sicherheitsbeauftragte Hans Seemann zum 1. Juli von seinem Amt entbunden würde.
Doch statt der Abberufung aus dem hochsensiblen Sicherheitsbereich der Justizbehörde, kam jetzt die Beförderung für Hardliner Seemann: In einem Brief vom 25. Juli – der der taz vorliegt – werden sämtliche Hamburger Gefängnisleitungen von der Justizbehörde angewiesen, Seemann jederzeit Zugang zu allen Anstaltsbereichen zu gewähren und ihm alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Seemann, so geht aus der Anweisung hervor, ist ab sofort für alle „außerordentlichen Anstaltsrevisionen“ zuständig: Zellendurchsuchungen, das Isolieren von Häftlingen, die Frage ob das Landeskriminalamt eingeschaltet wird und andere Belange der „Sicherheit und Ordnung“ in den Haftanstalten. Bei den jeweiligen Aktionen „liegt zukünftig die Kompetenz und Gesamtverantwortung“ bei Hans Seemann; das dafür angeforderte Personal sei ihm „für diese Zeiträume direkt unterstellt“.
Obwohl sich Seemanns neues Arbeitsfeld nicht gerade wie die Jobbeschreibung eines heruntergestuften Justizbeamten liest, will der Leiter des Strafvollzugsamts, Friedrich-Diethmar Raben, die „Umstrukturierung“ des Sicherheitsbereiches nicht als Beförderung verstanden wissen. Seemann sei ein Teil seines vorherigen Arbeitsbereiches entzogen worden.
Grund ist laut Raben aber nicht mangelndes Vertrauen in Seemann, sondern die Erkenntnis, daß der Sicherheitsbereich personell verstärkt werden müsse. Und deshalb habe man eine Aufgabenteilung vorgenommen. Für die „Strukturfragen der Sicherheit“ wird künftig höchstwahrscheinlich Staatsanwalt Andreas Behm zuständig sein; Seemann übernimmt hingegen das Referat für Einzelfallangelegenheiten der Sicherheit.
„Keine Zweifel“ an Seemanns Vertrauenswürdigkeit kommen Raben in den Sinn. Justizsenator Hardraht warf dem Sicherheitsbeauftragten allerdings im Zuge der Abhöraffäre vor, ihn nicht ausreichend informiert zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte Seemann unerlaubterweise Abhörprotokolle überlassen, die eigentlich hätten vernichtet werden müssen, weil sie mit dem eigentlichen Ermittlungsverfahren nichts zu tun hatten. Aus einem dieser Protokolle geht hervor, daß der damalige Justizbehördensprecher Jürgen Weinert in einem vertraulichen Telefongespräch mit einer des Drogenhandels verdächtigten Vollzugshelferin Seemanns ablehnende Haltung gegenüber der liberalen Strafvollzugspolitik des Justizsenators bemängelte. Seemann habe die umfangreichen und zu Unrecht aufbewahrten Abhörprotokolle haben wollen, um etwas Kompromittierendes gegen seinen Intimfeind Weinert in die Hand zu bekommen, behaupteten Insider.
Daß Seemann nun trotzdem einen so wichtigen Sicherheitsbereich übernehmen wird, statt abberufen zu werden, wertet GAL-Referent Peter Mecklenburg nicht nur als „Aufwertung und Kompentenzerweiterung“, sondern sogar als „Entmachtung der Anstaltsleitungen“. Mit den jetzt Seemann übertragenen Aufgaben seien bisher die JVA-Sicherheitsdienste betraut gewesen. „Der Job ist für Seemann maßgeschneidert“, so Mecklenburg. Und das bedeute, „der Justizapparat diktiert Hardraht wo's langgeht.“
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