: Belgiens Regierung will ihre Asylpolitik verändern
■ Nach dem Tod einer Nigerianerin soll die Abschiebungspraxis „humanisiert“ werden
Brüssel (AFP) – Nach dem gewaltsamen Tod einer nigerianischen Asylbewerberin will Belgien seine Asylpolitik ändern. Die zeitweilig ausgesetzten Zwangsabschiebungen sollen jedoch wieder aufgenommen werden. Dies sagten Ministerpräsident Jean-Luc Dehaene und der neue Innenminister Luc van den Bossche am Sonntag abend in Brüssel. Die Asylpolitik zu „humanisieren“ sei dringend nötig, betonte Dehaene. So soll es der Polizei künftig verboten sein, bei Zwangsabschiebungen abgelehnter Asylbewerber Kissen zu benutzen, um den Widerstand der Betroffenen zu brechen. Die 20jährige Nigerianerin Semira Adamu war Ende September gestorben, nachdem Polizisten ihr bei der Abschiebung ein Kissen aufs Gesicht gedrückt hatten. Daraufhin setzte die Regierung Abschiebungen aus. Innenminister Tobback und der Sicherheitschef des Brüsseler Flughafens traten zurück.
Abschiebungen sollten ab sofort wieder möglich sein, kündigten Dehaene und van den Bossche am Sonntag an. Im Gegenzug wollen die Behörden sich bemühen, die Lebensbedingungen von Asylbewerbern in Belgien zu verbessern. So soll neben dem völlig überfüllten Auffanglager in Steenokkerzeel nördlich von Brüssel ein zweites in Vottem im Osten Belgiens entstehen. Dort demonstrierten am Sonntag bereits bis zu 5.000 Menschen gegen die Asylpolitik der Regierung. Die maximale Verweildauer von Asylbewerbern in geschlossenen Heimen soll von acht Monaten auf fünf verkürzt werden. Eine Kommission, bestehend aus einem Staatsanwalt sowie je einem Vertreter des Regierungsbeauftragten für Flüchtlinge und des Zentrums für Chancengleichheit und gegen Rassismus, soll künftig in regelmäßigen Abständen die Unterbringungsverhältnisse in den Auffanglagern überprüfen.
Abgelehnte Asylbewerber, die sich illegal in Belgien aufhalten, sollen unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Voraussetzung ist, daß sie mindestens fünf Jahre in Belgien leben, ihre gesellschaftliche Integration nachweisen können und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen.
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