■ Press-Schlag: Beleidigter Grande
Im Winter rennt er am liebsten seiner gesammelten Konkurrenz auf Langlauf- Skiern davon, im Sommer durchquert er gern wüste Einöden und erklimmt hohe Berge, am Samstag soll der populärste Sportler Norwegens bei der Eröffnung der Winterspiele in Lillehammer den Olympischen Eid sprechen – wenn ihn das IOC läßt. Denn Vegard Ulvang ist nicht nur ein Nordmanne von echtem Schrot und Korn, sondern auch ein kluger und freimütiger Geist. Als er gefragt wurde, was er davon halte, daß mit Juan Antonio Samaranch ein „Ex-Faschist“ Präsident des IOC sei, nahm Ulvang kein Blatt vor den Mund: „Das ist schlimm und der Sportbewegung unwürdig.“ Und weil er schon mal dabei war, kritisierte er nicht nur Vergangenheit, sondern auch gleich Gegenwart des katalanischen Granden, nämlich den Mangel an Demokratie im IOC.
Obwohl IOC-Sprecherin Michèle Verdier abwiegelte und erklärte, jeder habe das Recht auf seine Meinung, ist die Empörung über die Majestätsbeleidigung im IOC ähnlich groß wie 1972, als Ski- Heros Karl Schranz den damaligen IOC-Chef Avery Brundage als „verkalkt“ bezeichnete. Der revanchierte sich, indem er Schranz wegen Werbung von den Spielen in Sapporo ausschloß.
Ulvang jedoch ist geheiligt, seit er in Albertville drei Goldmedaillen für Norwegen gewann, wo Samaranch laut einer Umfrage ohnehin nur von 12 Prozent der Bevölkerung gewisse positive Seiten zugebilligt werden. Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland rief indes zur Höflichkeit auch gegen adlige Gäste auf. „Es gibt nicht nur Sozialdemokraten auf der Welt“, verriet sie ihren Landsleuten. Matti
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