: Bekanntes gegen den Strich gebürstet
■ Heute abend, 20 Uhr, im Modernes: Musik für offene Ohren / Die bremisch-japanische Formation „Pachinko Fake“ setzt sich mit ihrer außergewöhnlichen Musik zwischen alle Stühle
Obwohl sich die bremisch-japani sche Formation Pachinko Fake mit ihrer Musik außerhalb der gewohnten Bahnen bewegt, machen sie durchaus eine Musik, in der vieles bekannt klingt.
Vieles, aber eben nicht alles. Sie wollen sich nicht in die herkömmlichen Stilrichtungen einordnen lassen. Crossover heißt ihr Konzept, ohne daß die Mischung verschiedener Stilrichtungen zu einer beliebigen Soße aus allem zu nichts wird.
Sie wollen deutsche und japanische Musik, wie sie sie verstehen, miteinander verbinden. Und obwohl diese Momente in ihrer Musik auch zu hören sind, gibt es zumindest nicht die gängigen Aha-Erlebnisse beim Zuhören. So kann es schon mal vorkommen, daß jemand aus dem Publikum mosert: „Das klingt ja gar nicht japanisch“. Tut es ja auch nicht, aber es sind Momente japanischer Klänge oder Rhythmusfiguren in die Musik verwoben, die eben nicht demonstrativ in den Mittelpunkt gestellt werden. Rockige und schrille Gitarrenläufe, unterlegt von knallharten Beats, durch Syn -Effekte angereichert, mal poppige mal jazzige Keyboardsequenzen, das sind die Ingredienzen der Musik von Pachinko Fake.
Tanzbar und schnell und trotzdem mit Ecken und Kanten, die aufhorchen lassen. Immer wieder kleine musikalische Widerhaken, die Bekanntes gegen den Strich bürsten. Ob das freie Ausbrüche sind oder Trash-Momente, abrupte Breaks oder Gesangspassagen, die an klassischen japanischen Gesang anknüpfen.
Eine zusätzliche besondere Note bekommen die Auftritte der Gruppe durch den Wahljapaner Uwe Walter, der mit seinen Tanz -Performance-Einlagen wichtiger Bestandteil des Gruppenkonzepts ist. Walter, der in Japan (den klassischen) No-Tanz studiert, verarbeitet auch Momente dieses Tanzes in seinen improvisierten Darstellungen zu dem ihm eigenen „no -no„-Tanz, sorgt damit für Kontraste und auch ruhigere Passagen im Konzertablauf.
Neben Walter gehören noch Rolf Kirschbaum (git, voc), Haruo Togashi (key'sax), Stefan Walkau (b) und Matias Bauer (dr) zur aktuellen Besetzung der Gruppe, die vor zwei Jahren eher als Projekt entstanden ist.
Der Initiator, Rolf Kirschbaum, sagt von sich selber, daß ihn Harmonien immer etwas stören würden und daß er eigentlich lieber Schlagzeuger geworden wäre.
Deshalb meint er auch, daß ein bis höchtens drei Akkorde pro Stück ausreichen, weil er den Rhythmus wichtiger finde, und er spielt seine Gitarre auch so, eher als Rhythmus -Instrument, perkussiv, allerdings durchbrochen von Verzerrungseffekten. Demgegenüber sorgt der Keyboarder
Haruo Togashi für die melodiösen und harmonischen Elemente in der Musik.
Die Gruppe hat bisher eine Maxi rausgebracht und arbeitet zur Zeit an einer LP, von der sie sich etwas weitere Aufmerksamkeit erhoffen, nicht zuletzt Voraussetzung dafür, weitermachen
zu können. Für eine Gruppe, die sich mit ihrer Musik zwischen alle Stühle setzt, zweifellos schwierig. Aber wie heißt es in einer alten japanischen Weisheit: „Zwischen alle Stühlen sitzt es sich manchmal durchaus bequen“.
Zu wünschen wäre es den Pachinko Fake.
Arnaud
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