Beinahe-Pleite bei Parteirats-Wahl in Berlin: Ein Denkzettel für Renate Künast
Erst im zweiten Anlauf gelang Renate Künast die Wahl in den neuen Parteirat des Berliner Grünen-Landesverbandes. Die Schlappe schmälert ihre Chancen auf eine Spitzenkandidatur im Bund.
BERLIN dpa | Renate Künast hat von ihrem Berliner Landesverband einen herben Denkzettel bekommen. Die ehemalige Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl fiel am Samstag bei den Wahlen zum neu geschaffenen Landes-Parteirat mit 48,3 Prozent der Stimmen durch.
Erst im zweiten Wahlgang wurde die Fraktionschefin im Bundestag mit 76,5 Prozent gewählt. Zuvor sagte Künast sichtlich mitgenommen: „Ich glaube, ich habe verstanden. Das war eine Botschaft für Dinge, die im Wahlkampf falsch gelaufen sind.“ Dann: „Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Ich will das ehrlich aufarbeiten.“
Die Niederlage habe sie fast geahnt, räumte die 56-Jährige ein. Ihre erneute Kandidatur begründete Künast damit, dass sie in dem neu geschaffenen Beratungsgremium mitmachen wolle. Da könne man gemeinsam Fehler aufarbeiten und neue Strategien für die Zukunft entwerfen. „Ich möchte das gerne tun in einem Landesverband, der mir am Herzen liegt“, so Künast.
Im ersten Wahlgang erhielt die Fraktionschefin von den 13 Frauen, die für das 21-köpfige Gremium kandidierten, das zweitschlechteste Ergebnis. Im zweiten Wahlgang für offene Plätze, für die Frauen wie Männer kandidieren konnten, schnitt Künast mit 114 von 149 Stimmen am besten unter den 11 Bewerbern ab.
Mangelnde Aufarbeitung der Berlin-Wahl kritisiert
Das zunächst katastrophale Abschneiden ist Ausdruck der Unzufriedenheit mit ihrem Agieren im Wahlkampf und der mangelnden Aufarbeitung der verlorenen Wahl. Bei der Kür zur Berliner Grünen-Spitzenkandidatin hatte Künast im April 2011 noch 91,3 Prozent der Stimmen erhalten.
Die Schlappe könnte mit über Künasts politische Zukunft entscheiden. Derzeit streiten die Grünen auf Bundesebene über die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013. Wenn sich mehr als zwei Kandidaten melden, soll eine Urwahl über das Spitzenduo beschließen. Bisher hat Künast eine Bewerbung offen gelassen.
Doch der Druck auf die Realo-Frontfrau wächst, sich zu erklären. Da eine Kandidatur ihres Co-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin vom linken Flügel als ziemlich sicher gilt, sollte nach dem austarierten Quotensystem der Grünen eine Realo-Frau kandidieren. Anderserseits gibt es auch Stimmen, die Künast nach ihrer Niederlage in Berlin nicht mehr als Spitzenkandidatin haben wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist