piwik no script img

Beinahe-Crash vor der Haustüre der Erde

Joachim Prölß von der Sternwarte Bochum über den Beinahe-Zusammenstoß der Erde mit einem Asteroiden  ■ I N T E R V I E W

taz: Herr Prölß, die Agenturen meldeten am Donnerstag einen Beinahe-Zusammenstoß zwischen der Erde und einem vagabundierenden Himmelskörper, einem sogenannten Asteroiden. Was sind das für gefährliche Dinger?

Prölß: Das sind Kleinplaneten. Es gibt 50.000 bis 70.000 solcher Kleinplaneten in unserem Sonnensystem. Etwa 3.500 sind bekannt. Man vermißt ihre Bahnen und weiß, wo sie stehen. Die haben Namen und Nummern. Eine hübsche Sache. Einige sind winzig klein, zum Teil unter einem Millimeter, dann nennt man sie Meteorite. Bevor die mit der Erde zusammenstoßen, werden sie durch die Luft abgebremst, und es bildet sich dabei der bekannte Lichtschein. Das ist Staub aus dem Weltraum.

Diesmal war es kein Staub, sondern offenbar etwas Größeres. Sind diese Asteroide eigentlich eine permanente Gefahr aus dem All?

Es hängt ganz von der Größe ab. Von den Winzlingen, die wir als Leuchterscheinung kennen, fallen mehrere tausend Tonnen täglich auf die Erde. Es regnet förmlich davon. Die größeren Krümelchen gehen dann schon mal als Feuerkugel durch die Tagespresse. Größere Brocken in Fußballformat kommen ganz selten vor.

Wissenschaftler haben berechnet, daß ein Zusammenprall mit dem Asteroiden Verwüstungen angerichtet hätte mit dem Effekt von 20.000 Wasserstoffbomben. Ist das übertrieben?

Ich will Ihnen mal zwei Beispiele nennen. Vielleicht kennen Sie in Nordbayern das Nördlinger Ries. Dort ist vor 15 Millionen Jahren ein Objekt runtergekommen und hat mit seinem Einschlagskrater dieses Ries erzeugt. Vor knapp 10.000 Jahren ist in den USA der berühmte Arizona-Krater ebenfalls durch solch einen Einschlag entstanden. Es kommt also schon mal vor, aber größere Brocken sind zum Glück selten. Vor einigen Milliarden Jahren geschah das viel häufiger.

Gibt es ein Frühwarnsystem oder kommen die Vagabunden aus heiterem Himmel?

Einige sind unter astronomischer Beobachtung. Im aktuellen Fall hatte der Bursche eine Entfernung von zweimal Erde -Mond.

Kann man da von einem Beinahe-Zusammenstoß reden?

Das Ding war 800.000 Kilometer entfernt. Das ist astronomisch gesehen sehr wenig, geradezu an der Haustüre der Erde. Das kommt ganz selten vor. Zuletzt 1937 waren es einmal 600.000 Kilometer. Ich möchte am Schluß noch an Ihre Leser appellieren. Uns interessieren nämlich auch die ganz kleinen Bröckchen, die Staubkrümelchen, die runterkommen. Wenn man so ein Ding sieht, sollten sich die Leute melden. Mit solchen Kleinstplaneten kann man chemische Untersuchungen anstellen. Es handelt sich hier um Material aus der Entstehung der Anfangszeit unseres Sonnensystems.

Is‘ ja Wahnsinn...

Interview: Manfred Kriener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen