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Beide Koreas für Grenzöffnung

■ Seoul begrüßt Nordkoreas Vorschlag eines freien Reiseverkehrs

Seoul/Tokio (afp/ap) - Für eine Öffnung der Grenzen zwischen Nord- und Südkorea nach deutschem Vorbild haben sich beide Teile Koreas zum Jahreswechsel ausgesprochen. Südkorea begrüßte am Sonntag den Vorschlag des nordkoreanischen Präsidenten Kim Il Sung, durch eine Öffnung der entmilitarisierten Zone zwischen den beiden Koreas einen freien Reiseverkehr zu ermöglichen. Wie Mitarbeiter der Regierung in Seoul mitteilten, wurde bereits ein ähnlicher Vorschlag ausgearbeitet, der demnächst im Waffenstillstandsort Panmunjom vorgelegt werden sollte.

Dieser Entwurf über die Regelung des Grenzverkehrs orientiert sich nach Angaben der Regierungsbeamten an der deutsch-deutschen Vereinbarung von 1972. Er sehe vor, daß koreanische Zivilisten beider Seiten die Grenze bei Panmunjom mit einem Berechtigungspaß überqueren und sich zweimal jährlich bis zu 60 Tagen im anderen Teil des Landes aufhalten dürfen. Zudem soll ein gemeinsames Komitee Nord und Südkoreas den Grenzverkehr überwachen. Gleichzeitig sollten beide Seiten mit dem Wiederaufbau der Straße zwischen dem südkoreanischen Munsan und dem nordkoreanischen Kaesong beginnen, die durch Panmunjom führt. Die Straße und auch die Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Teilen Koreas waren nach dem Ende des Koreakrieges im Jahre 1953 gekappt worden. Seoul hoffe, daß der Vorschlag Pjöngjangs „ernst“ sei, betonten die Regierungsverteter.

Der nordkoreanische Präsident Kim hatte in seiner Neujahrsansprache Gespräche auf höchster Ebene zwischen Seoul und Pjöngjang mit dem Ziel angeregt, die Mauer in der entmilitarisierten Zone abzubauen und einen freien Reiseverkehr zu gewährleisten. „Sowohl die USA als auch Südkorea begrüßen nun die Öffnung der Mauer der Teilung in einem anderen Land. Es gibt keinen Grund, warum die Mauer in Korea nicht abgebaut werden sollte“, betonte Kim. Er nannte die Mauer, die auf der südlichen Seite der entmilitarisierten Zone errichtet wurde, ein „Symbol der nationalen Teilung und der Nord-Süd-Konfrontation“. Pjöngjang sei bereit, den Stacheldraht auf seiner Seite „jederzeit“ zu entfernen.

Der 77jährige Kim, der Nordkorea seit seiner Gründung im Jahre 1948 regiert und als einer der letzten Hardliner unter den kommunistischen Führern der Welt gilt, bekräftigte gleichzeitig die Entschlossenheit seines Landes, am Sozialismus festzuhalten. „Wir werden unverändert an einer unabhängigen Position (...) festhalten und zuverlässig den Frieden und den östlichen Posten des Sozialismus verteidigen“, sagte Kim in seiner Ansprache, die die nordkoreanische Nachrichtenagentur 'kcna‘ ganz im Einklang mit der chinesischen Sprachregelung verbreitete.

Millionen koreanische Familien sind seit 1953 getrennt, ohne daß Besuche oder auch nur Briefkontakt möglich sind. Das Rote Kreuz der beiden Koreas führte in den vergangenen 20 Jahren immer wieder Gespräche über Familienzusammenführung.

Die vom Fernsehen übertragene Anhörung des früheren südkoreanischen Präsidenten Chun Doo Hwan in der Nationalversammlung ist am Sonntag in Tumulten untergegangen. Chun übernimmt nach seinem vor 13 Monaten selbstgewählten Exil in einem buddhistischen Kloster zwar „moralische Verantwortung“ für Vergehen während seiner Amtszeit von 1980 bis Anfang 1988, wies aber jede persönliche Schuld von sich. Chun beschwor damit den Unmut zahlreicher Oppositioneller, die ihn beschuldigten, als befehlshabender General für die blutige Niederschlagung des Volksaufstands im Mai 1980 in Kwangju verantwortlich zu sein.

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