: Bei Referendum droht weißes Veto
In seiner Rede zur Eröffnung des Parlaments in Kapstadt hält de Klerk am Weg zu einer Übergangsregierung fest/ Bei dem dafür notwendigen Referendum gäbe es zur Zeit bei den Weißen aber keine Mehrheit ■ Aus Kapstadt Hans Brandt
Südafrikas Präsident Frederick de Klerk hat am Freitag die Unterstützung seiner Regierung für die Bildung einer Interimsregierung erneut zugesagt. Aber in seiner Rede zur Eröffnung des Parlaments in Kapstadt betonte er auch, daß eine solche Übergangsregierung nur durch Abänderung der Verfassung zustande kommen sollte. Und Veränderungen der Verfassung müßten in einem Referendum gebilligt werden. Zwar wünschte de Klerk die Beteiligung aller Südafrikaner an einer solchen Abstimmung. Aber er hielt fest an einer nach Rassen getrennten Auszählung der Stimmen, was weißen Wählern effektiv ein Veto einräumen würde.
Gleichzeitig ging De Klerk offenbar auf Forderungen des ANC nach einer verfassunggebenden Versammlung ein. Der Präsident schlug vor, daß nicht nur eine Übergangsregierung eingesetzt werden sollte. In der Übergangszeit müsse die „gesamte Bevölkerung“ sich durch ihre „gewählten Vertreter“ an einem Übergangsparlament beteiligen, sagte er. Das könnte ein Versuch der Regierung sein, die vom ANC und anderen schwarzen Oppositionsgruppen geforderten Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung durch Wahlen für ein Interimsparlament zu ersetzen.
Durch ein Referendum würde „die Rechtmäßigkeit einer Übergangsregierung auf demokratische Weise unzweifelhaft festgestellt“, sagte de Klerk. Die Regierung hatte den weißen Wählern 1989 versprochen, sie in einem Referendum über grundsätzliche Veränderungen der Verfassung abstimmen zu lassen. „Wir gehen davon aus, daß wir ein Referendum gewinnen würden“, sagte Außenminister Pik Botha vor der Presse. Wenn die Mehrheit der Weißen Reformpläne jedoch ablehnen sollte, dann „müssen wir neue Pläne schmieden“, meinte Botha.
Allen Umfragen zufolge würde die Regierung eine Abstimmung unter Weißen zur Zeit allerdings verlieren. Deshalb waren große Teile von de Klerks Regierungserklärung ein Versuch, bei weißen Wählern um Unterstützung für seine Politik zu werben. Am wichtigsten war dabei ein Teil der Rede, der erst in den frühen Morgenstunden am Freitag nachgeschoben wurde. Darin schlug de Klerk vor, daß die Forderung ultrarechter weißer Parteien nach einem separaten weißen Staat in den Mehrparteienverhandlungen des „Konvents für ein demokratisches Südafrika“ (Codesa) diskutiert wird. Das war ein deutlicher Versuch, Mitglieder der „Konservativen Partei“ (CP) und anderer rechtsextremer Gruppen zu einer Beteiligung an den Codesa-Verhandlungen zu bewegen. Ultrarechte Gruppen haben bisher eine Beteiligung an Mehrparteienverhandlungen abgelehnt.
Während de Klerk im Parlament sprach, demonstrierten auf den Straßen von Kapstadt mehr als 30.000 ANC-Anhänger für eine Interimsregierung und die Schließung des Parlaments. Die Regierung versuche, Demokratie vorzutäuschen, aber die Macht für Weiße zu reservieren, sagte ANC-Vize Sisulu. Die Regierung könne nicht erwarten, daß der ANC sich an einem Parlament beteiligen würde, das „die Ermordung, Folterung und das Leiden unserer Leute legalisiert hat“. Zuvor hatten etwa 2.000 Mitglieder des radikaleren Panafrikanischen Kongresses (PAC) gegen Parlament und das Codesa-Verhandlungsforum demonstriert. Sie forderten sofortige demokratische Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen