Bei Hertha geht wieder mal eine Ära zu Ende

■ Das Präsidium des Fußballvereins Hertha BSC tritt zurück / Präsident Roloff jetzt endgültig vor dem Aus? / Sportlich macht der Verein schon lange keine Schlagzeilen mehr

Die Anhänger von Hertha BSC, dem ebenso traditionsreichen wie skandalträchtigen Verein, können aufatmen. Das völlig zerstrittene Präsidium gab am Donnerstag bekannt, auf der kommenden Mitgliederversammlung Anfang Oktober zurückzutreten und den Weg freizumachen für Neuwahlen. Dies dürfte auch das Ende für den seit 1985 amtierenden Präsidenten Heinz Roloff bedeuten.

Erst im Februar war der 81jährige Bauunternehmer in seinem Amt bestätigt worden. Roloff, der den Vorsitz in den Zeiten der Drittklassigkeit übernahm, pumpte Millionen aus der eigenen Tasche in den Fußballverein und machte sich dadurch unersetzlich. Seine Wiederwahl verdankt er dem Umstand, einziger zahlungskräftiger Geldgeber zu sein. Statt zuzuzahlen, bediente sich Roloff aber zunächst. Die vereinseigene Villa in Charlottenburg verkaufte er im Frühjahr für 6,5 Millionen Mark an ein Konsortium. Hinter diesem stand niemand anders als Roloff selbst. Von dem Erlös behielt er 1,5 Millionen ein, die der Verein ihm schuldete. Hertha BSC bekam einen langfristigen Nutzungsvertrag, die monatliche Miete sollte 30.000 DM betragen, je Quadratmeter 100 Mark. Andere, die dem Verein ebenfalls Geld geliehen hatten, gingen leer aus.

Der Bruch mit seinen Vorstandskollegen zeichnete sich ab, als Roloff Anfang April Manager Wolfgang Levin entmachtete und den ehemaligen Hertha-Trainer Jürgen Sundermann zum Sportdirektor ernannte. Dieser sollte die Profi-Lizenz des Vereins sichern, doch seine Suche nach Sponsoren blieb erfolglos. Levin hingegen gelang es, einen gutdotierten Vertrag mit der UfA, einer Film- und Fernsehrechte GmbH, abzuschließen.

Gegen Roloffs Stimme wurde Sundermann nach dreimonatigem erfolglosen Wirken von den übrigen vier Vorstandsmitgliedern entlassen. Roloff schäumte und kündigte das Ende seiner Zahlungen an. Verärgert rief er bei der UfA an, um gegen den Millionen-Deal zu intervenieren. In seinem Urlaubsdomizil auf Sylt wurde er Mitte August von weiteren Entscheidungen der Vorstandskollegen überrascht.

Levin, inzwischen wieder im Amt, sah sich in der Folge Vorwürfen ausgesetzt, er habe Geld unterschlagen. Vize-Präsident Zermaitat überraschte den mit Hausverbot belegten Ex-Sportdirektor Sundermann nächtens in der Hertha-Villa, als dieser in Vereinsunterlagen wühlte. Anschließend sollen Unterlagen gefehlt haben, die Levins Unschuld beweisen konnten. Dank der Kopien, die Levin zu Hause aufbewahrte, scheiterte dieses Komplott. Das Ende der Ära Roloff war besiegelt.

Nachfolger könnte ausgerechnet Roloffs Vorgänger werden. Wolfgang Holst, 71jähriger Gastronom, überlegt derzeit, erneut in den Ring zu steigen. Ein Präsidium ohne den Segen des skandalerfahrenen ehemaligen Hertha- Regenten war in der Vergangenheit ohnehin nicht möglich. Hertha BSC wird sich wohl auch in Zukunft treu bleiben: Sportliche Schlagzeilen sind kaum zu erwarten. Wie auch. Andreas Pfahlsberger