Begnadigung gegen Hochzeit: Gulnaz kommt frei

Die nach ihrer Vergewaltigung inhaftierte Afghanin kommt frei – aber sie muss ihren Vergewaltiger ehelichen. 5.000 Menschen hatten eine Petition für ihre Freilassung unterzeichnet.

87 Prozent der afghanischen Frauen angeben an, Opfer von körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt geworden zu sein. Bild: reuters

KABUL afp | Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Freilassung eines wegen Ehebruchs inhaftierten Vergewaltigungsopfers angeordnet. Wie Karsais Sprecher Aimal Faisi am Donnerstag sagte, soll die Frau nun aber den Vergewaltiger heiraten. Im nordafghanischen Kundus verübten Unbekannte unterdessen ein Säureattentat auf ein 17-jähriges Mädchen und seine Familie, offenbar weil sie ein Heiratsangebot zurückgewiesen hatten.

Rund 5.000 Menschen hatte eine Petition zur Freilassung der Frau unterzeichnet, die seit zwei Jahren wegen Ehebruchs in Haft sitzt, nachdem sie in ihrem Haus von einem Verwandten vergewaltigt worden war. Sie brachte anschließend im Gefängnis ein Kind des Täters zur Welt. Angesichts der Empörung über ihre Verurteilung berief Karsai eine Sitzung von Justizvertretern ein, auf der ihre Begnadigung beschlossen wurde, wie Faisi mitteilte.

Nach Angaben des Sprechers soll sie nun den Vergewaltiger heiraten. "Sie hat der Hochzeit zugestimmt, aber nur wenn seine (des Vergewaltigers) Schwester ihren Bruder heiratet", sagte Faisi. Demnach soll die Hochzeit sicherstellen, dass sie in der konservativen afghanischen Gesellschaft nicht weiteren Angriffen ausgesetzt ist. Faisi betonte aber, dass die Hochzeit nicht die Bedingung für ihre Freilassung sei.

Säureattentat auf 17-jährige

Unbekannte verübten unterdessen ein Säureattentat auf ein 17-jähriges Mädchen und seine Familie. Der Vater des Mädchens sagte, die bewaffneten und vermummten Täter seien um Mitternacht in sein Haus eingedrungen, hätten ihn, seine Frau und seine Töchter geschlagen und dann Säure in das Gesicht seiner Tochter Mumtas gesprüht. Auch die Mutter und die anderen Töchter wurden demnach durch die Säure verletzt.

Die Täter konnten fliehen, bevor die Polizei eintraf. Mumtas wurde ins Krankenhaus eingeliefert und hatte große Schwierigkeiten zu sprechen. Ihr Vater verdächtigte einen ehemaligen Milizkommandeur, der um die Hand seiner Tochter angehalten hatte, den sie jedoch abgewiesen hätten. "Ich vermute, dieser Mann steckt dahinter", sagte der Vater. Der afghanische Innenminister Bismullah Mohammadi ordnete Ermittlungen zu dem Fall an.

Gewalt gegen Frauen ist in der afghanischen Gesellschaft weit verbreitet. Die Unabhängige Afghanische Menschenrechtskommission verzeichnete mehr als tausend Fälle für das zweite Quartal 2011. Im gesamten Jahr 2010 belief sich die Zahl der Delikte demnach auf rund 2.700. Nach einem Bericht der Hilfsorganisation Oxfam vom Oktober gaben 87 Prozent der afghanischen Frauen an, Opfer von körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt geworden zu sein.

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