Bedrohung eines taz-Mitarbeiters

■ "Scientology" kündigt Tod eines Journalsiten an/Alles soll nur ein Spaß gewesen sein/Strafanzeige wegen Nötigung/Bürgerschaft verzichtet auf Klage gegen Scientologen/Ermittlungen der Staatsanwaltschaft...

/ Alles soll nur ein Spaß gewesen sein / Strafanzeige wegen Nötigung /

Bürgerschaft verzichtet auf Klage gegen Scientologen / Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehen weiter

Die Organisation „Scientology- Kirche“ hat gestern einen taz-Mitarbeiter mit den Worten bedroht, „Ihre letzte Stunde hat geschlagen“. Der freie Journalist, dessen Name zu seiner Sicherheit nicht genannt werden soll, hatte in der gestrigen Ausgabe der Morgenpost als Co-Autor einen kritischen Beitrag über „Scientology“ veröffentlicht. Der Artikel beschreibt Innenansichten das „Dianetik-Centrums“ in der Steinstraße.

Gestern mittag rief die Pressesprecherin von „Scientology“, Gisela Hackenjos, bei unserem Kollegen an. Nach seinen Notizen hatte das Telefon-Gespräch folgenden

1Wortlaut. Hackenjos: „Ihre letzte Stunde hat geschlagen!“ Journalist: „Was hat das zu bedeuten, Frau Hackenjos?“ Hackenjos: „Was meinen Sie, was das bedeutet“? Journalist: „Zu mir hat noch niemand so was gesagt. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“ Hackenjos: „Das bedeutet, daß Sie hier nicht mehr anrufen dürfen, auch nicht im Auftrag der taz oder sonstwem.“ Journalist: „Aber das kann doch nicht die ganze Bedeutung sein von 'Ihre letzte Stunde hat geschlagen‘.“ Hackenjos: „Über den Rest schweige ich mich aus. Das überlasse ich Ihrer blühenden Phantasie.“ Journalist: „Haben Sie mir sonst noch was zu sagen?“ Hackenjos: „Nein.“

Juristen werten diese Aussage von Gisela Hackenjos als klassische Nötigung. Eine entsprechende Strafanzeige hat der Journalist bereits angekündigt. Allerdings dürfte mit dieser Äußerung auch der Straftatbestand der „Bedrohung“ erfüllt sein. Wer jemandem die „letzte Stunde“ einläute, so ein Jurist, kündige nichts anderes an, als daß diese Person in einer Stunde nicht mehr am Leben sein werde. Für Interpretationen gebe das Strafgesetzbuch keinen Raum. Gisela Hackenjos will das Gespräch mit dem Journalisten als „humorvoll“ verstehen, „wie zwischen zwei Saufkumpanen in der Kneipe“.

Unterdessen wurde bekannt, daß die Hamburger Bürgerschaft auf eine Klage gegen „Scientology“ verzichten wird. „Scientology“ hatte in der vergangenen Woche die SPD-Abgeordnete Ursula Caberta zur unerwünschten Person erklärt. Die Risiken wären zu groß, erklärte der Sprecher der Bürgerschaft, Hinnerk Fock.

Die Staatsanwaltschaft prüft weiterhin, ob gegen „Scientology“ ein Verfahren wegen des Angriffs auf ein Mitglied eines Verfassungsorgans eingeleitet werden kann. Norbert Müller