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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Ob es wohl am Tatort und ähnlichen TV-Formaten liegt, dass einem beim Wort „Lokalkolorit“ nur noch die schlimmsten Klischees in den Sinn kommen? Renaud Regnery fallen bei diesem Stichwort noch andere im wahrsten Sinne des Wortes Oberflächlichkeiten ein, die ein genaueres Hinsehen verlangen, farbenfrohe Wanddekore nämlich, Tapeten, die aus Stofffäden gefertigt wurden, oder solche, die portugiesische Fliesen, Bambusmatten, oder Marmorplatten imitieren. Bei Klemm’s dienen ihm diese als Malgrund, über den er gestisch-nonchalant Farbe oder Putz wischt. Für seine Malerei arbeitet Regnery stets mit vorgefundenen, funktionalen Materialien, deren Äußeres – wie im Falle der aus der Zeit gefallen wirkenden Tapeten – nicht mehr den gängigen Moden entspricht. Aus rein oberflächlichen Gründen also haben sie längst ausgedient (bis 29. 2., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Prinzessinnenstr. 29).

Makellos und nahtlos sind die Oberflächen, mit denen sich Margo Monko bei Russi Klenner beschäftigt. Die Rede ist von Feinstrumpfhosen, deren Inszenierung als Konsumprodukt Monko zum Ausgangspunkt ihrer Reflektionen über Genderbilder im 20. und 21. Jahrhundert nimmt. Die Künstlerin hat aus den Verpackungen der hauchdünnen Beinkleider Fotogramme gefertigt, die deren ästhetische Aufmachung, geprägt von der konventionellen Idee weiblichen Anmuts, aufs Korn nehmen. Ebenso verhält es sich mit der Serie „Ten Past Ten“: Ähnlich wie Marianne Wex, die schon in den 1970er-Jahren „Weibliche und männliche Körpersprache als Folge patriarchalischer Machtverhältnisse“ untersuchte, lenkt Monko mittels Werbeanzeigen von Armbanduhren den Blick auf männliche wie weibliche Rollenmuster, die sich in den dargestellten Handhaltungen und Berührungen manifestieren (bis 29. 2., Mi.–Fr. 12–18, Sa. 11–18 Uhr, Luckauer Str. 16).

Um Oberflächenspannung geht es indes laut Titel im Kunstraum Flamingo. Kuratorin Sarah Johanna Theurer versammelt dort Arbeiten von drei Künstlerinnen, die sich im weitesten Sinne mit dem subjektiven Empfinden von Körperlichkeit in Zeiten der Digitalisierung beschäftigen: Lito Kattous schattenhafte, posthumane Kreaturen müssen in Zweidimensionalität verharren, während Delia Jürgens auf Grundlage von übereinander geschichteten Stockfotos entstandene und mit Pa­raffin überzogene Malerei wie ein verzerrendes Display wirkt und Lotte Meret Effinger im Video hochglänzende Liquide über einen weiblichen Körper fließen lässt (bis 22. 2., Fr.–Sa. 12–18 Uhr und nach Vereinbarung unter contact@flamingo.berlin, Goebenstr. 22).

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