Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um:
Neu auf der Fasanenstraße ist die Galerie Florian Schönfelder, wo sie sich fortan die Räumlichkeiten mit der A3 Arndt Art Agency teil. An den Start geht der Junggalerist mit einem Künstler, der bereits auf ein 30-jähriges Werk zurückblickt: Guillem Nadal. „Fire & Earth“ vereint ältere, gegenständlichere Arbeiten mit neuen abstrakteren. Die älteste und zugleich faszinierendste zweiteilige Arbeit, „La mirada del foc“, ein zur Skulptur konservierter fein verzweigter Ast, den Nadal außerdem mit feinem Strich auf Leinwand gebracht und mit Brandlöchern versehen hat, Sinnbild für Werden und Vergehen, Gefährdung und Überlebenskraft der Natur, stammt von 1999. Durchaus programmatisch zu verstehen ist die erste Schau, auch in Zukunft will Schönfelder junge Positionen seiner eigenen Generation mit internationalen, erfahrenen, in Deutschland bislang noch wenig bekannten mischen (bis 7. 12., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Fasanenstr. 28).
Auch schon älter sind die vier großformatigen Gemälde von Holt Quentel, die derzeit bei Société hängen. Erstmals zu sehen waren sie in den späten 1980er Jahren, wenige Jahre bevor Quentel aus der Kunstwelt quasi spurlos und ohne weitere Erklärungen ausstieg. Das Rätsel um das Verschwinden der Künstlerin schwingt in ihren Arbeiten mit, hat deren starke Wirkung auf Künstler*innen ihrer wie nachfolgender Generationen womöglich nur noch verstärkt. Auch die Leinwände selbst, die von Quentel zunächst sorgsam mit Buchstaben oder Zahlen bemalt, anschließend aber roh abgeschrubbt, halb zerrissen, neu zusammengeflickt und unsauber überfärbt wurden, zielen offenbar darauf ab, Erwartungshaltungen an Kunst und Künstlerinnen zu zerlegen (bis 20. 12., Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Genthiner Str. 36).
Ungefähr aus dem selben Jahr wie Quentels Malerei stammt der chinesische Rom-Com-Horrorfilm „A Chinese Ghost Story“, der einem beim Betrachten der Stoffskulpturen von Lisa Herfeldt bei Between Bridges in den Sinn kommen könnte. In dem Film saugt ein jahrhundertealter weiblicher Baumdämon mit phallischer, enorm langer Zunge die Energie seiner männlichen Opfer aus. Weit weniger gefährlich, aber ebenso hintersinnig erscheinen die aus Nylon gefertigten Riesenzungen Herfeldts. Wie parasitäre Wesen haben sie die Galerie erobert, nur zum Teil von Plexiglaskästen in Form gehalten, sich breitgemacht, als wollten sie den Raum wie auch den „social slush“, den sozialen Schlamm besetzen und so vor Vereinnahmung von den üblichen Verdächtigen, vor bourgeoiser Aufwertung und Verdrängung bewahren (bis 14. 12., Mi.–Sa. 12–18 Uhr, Keithstr. 15).
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