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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Der milde November kommt Miriam Jonas nicht gerade gelegen. Zumindest wäre ihre Idee, die Galerie Russi Klenner in eine Sauna umzufunktionieren, gewiss noch wirkungsvoller, wenn man sich dorthin tatsächlich aus der Kälte retten würde. Jonas arbeitet bevorzugt ortsspezifisch und kratzt in ihren Skulpturen an der glatten Oberfläche funktionaler Objekte des Alltags. Was nicht bedeutet, dass ihre Arbeiten nicht auch über eine solche verfügten. Im Gegenteil. Jonas’ Skulpturen zeichnet eine klare Ästhetik aus, die hervorragend mit der Cleaniness von Saunalandschaften und anderen Orten der heutigen Wellnessindustrie korrespondiert, die sie in den neuen Arbeiten nachahmt. Im Zentrum steht eine hölzerne Saunabank, ausgestattet mit roten Wärmelampen und mentholhaltigem Aromadiffusor. Dazu gruppiert Jonas unter anderem ein flaches, weißes „Regal“ mit milchiger Plexiglasfront, hinter dem sich eng gerollte Frottiertücher verbergen und eine Reihe aus Speckstein geschnittener Körperfragmente. Eine wulstige Taille, eine einzelne Brust oder ein Knie sind dabei. Der Gegenpart dazu befindet sich im Hinterraum der Galerie: eine kugelrunde, schwarze Daunenjacken-Skulptur, so glänzend wie ein Display, in dem man sich spiegeln kann (bis 5. 1. 19, Mi.–Fr. 12–18, Sa. 11–14 Uhr, Luckauer Str. 16).

„In ist, wer drin ist“, hieß es bei Baby Schimmerlos. Ob sich hinter „In“, dem Titel, den Loren Britton ihrer Einzelausstellung bei Stadium gegeben hat, entsprechend ein Kommentar auf die Aufmerksamkeitsökonomien der Kunstwelt verbirgt? Die Künstlerin gibt als Hinweise zur In-Terpretation ein wörterbuchartiges Glossar mit vielen Optionen an. Um Schrift und Sprache, Korrespondenzen und das wortwörtliche Verdauen von solchen scheint es auch in ihren Schreibpapierarbeiten zu gehen, mit denen sie die Galerie tapeziert hat. Weiteren Aufschluss könnte das Künstlerinnengespräch bieten, das am 5. Dezember um 19 Uhr in der Galerie stattfindet (bis 8. 12., Sa. 12–18 Uhr und nach Vereinbarung unter mail@stadiumstadium.de, Potsdamer Str. 70).

Auf die Prozesse sinnlicher Wahrnehmung scheint Sophie Erlund bei PSM abzuzielen. Für „Lived Synchronicity“ verwandelte sie die Galerie in einen immersiven Raum, in dem Türen zu Videobildschirmen werden, kinetische Skulpturen sich zu bewegen scheinen oder es auch tatsächlich tun. Dazu spricht eine Stimme Auszüge aus Eugene Minkowskis Essay „Reverberation“, in dem der russische Philosoph sich darüber auslässt, wie sich Bilder ähnlich wie Soundschnipsel überlagern. Erlund liefert dazu quasi den Beweis (bis 22. 12., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 61).

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