Beamten-Nachwuchs: MigrantInnen im Visier
Niedersachsens Integrationsministerin Özkan will mehr MigrantInnen für den öffentlichen Dienst gewinnen. Für die Opposition geht sie aber nicht weit genug.
HANNOVER taz | Niedersachsens Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) will den Anteil von MigrantInnen in der Landesverwaltung erhöhen. Einen entsprechenden Beschluss hat das schwarz-gelbe Landeskabinett in dieser Woche gefasst. Während 17 Prozent der niedersächsischen Gesamtbevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund haben, sind es nach einer Umfrage, die Özkan jetzt in Hannover vorgestellt hat, in den Behörden nur 8,1 Prozent.
Mehr als zwei Drittel davon haben die deutsche Staatsangehörigkeit, über die Hälfte gar keine eigene Migrationserfahrung, sondern einst zugewanderte Eltern. Angestellt sind MigrantInnen demnach vor allem als Auszubildende, geringfügig, außertariflich oder befristete Beschäftigte – unter Niedersachsens BeamtInnen machen MigrantInnen nur 6,2 Prozent aus. 222.000 Landesbedienstete hatte das Landesamt für Statistik im Auftrag des Sozialministeriums zu der freiwilligen Befragung eingeladen. Knapp 35.000 nahmen teil.
Özkan selbst sieht in den Ergebnissen vor allem eine „positive Tendenz“. Besonders der vergleichsweise hohe Anteil von gut zwölf Prozent MigrantInnen unter den Auszubildenden des Landes „spiegelt die Bildungserfolge junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte wider“, erklärt sie. Um künftig mehr MigrantInnen zu gewinnen, werde man etwa in Stellenausschreibungen darauf hinweisen, dass „Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund gewünscht sind“.
Auf Ausbildungsmessen und im Internet solle verstärkt auf das Land als Arbeitgeber hingewiesen werden. Personalverantwortliche in den Behörden wolle man interkulturell schulen. Denn, so Özkan: „Dem öffentlichen Dienst kommt hier insgesamt eine beispielgebende Rolle gegenüber Unternehmen, Verbänden und anderen Arbeitgebern zu.“
So sieht es auch die Landtagsopposition – nur greifen Özkans Maßnahmen aus Sicht von SPD-, Grünen- und Linksfraktion zu kurz. Die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat etwa sieht in einem MigrantInnen-Anteil von gut acht Prozent „keinen Grund zum Feiern“. Die nun vorgelegte Umfrage sei vor allem „Torschlusspanik, vor dem Ende der Legislaturperiode 2013 doch noch eine Bilanz vorzulegen“. Pia Zimmermann, bei der Linksfraktion zuständig für Inneres, nennt die Initiative schlicht „nichtssagend“.
Die SPD-Abgeordnete Sigrid Leuschner bemängelt besonders den hohen Anteil von MigrantInnen unter geringfügig und befristet Beschäftigten – und fordert, „alle Bereiche des öffentlichen Dienstes zu öffnen“, inklusive der Beamten- und Führungsebene. Und auch bei der Gewerkschaft Ver.di sagt die zuständige Landesfachbereichsleiterin Regina Stein, Özkans Plan werde „nicht aufgehen“: Angesichts des demographischen Wandels müsse sich Niedersachsen als Arbeitgeber vor allem um den Nachwuchs kümmern, mehr Auszubildende einzustellen und dabei verstärkt MigrantInnen werben.
Statt unverbindlicher Maßnahmen fordern SPD, Grüne und Linke konkrete Zielvorgaben von Özkan. Uneins sind sie sich allerdings darüber, wie die formuliert werden sollten: Während sich Grünen-Politikerin Polat klar für eine Quote von 15 Prozent MigrantInnen im Landesdienst ausspricht, lehnt die Sozialdemokratin Leuschner eine solche Quote ab. Stattdessen schlägt sie weitere Maßnahmen vor, etwa eine leichtere Anerkennung von Berufsabschlüssen aus dem Ausland oder die Tests mit anonymisierten Bewerbungen.
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