Bayerns Finanzminister: Fahrenschon macht die Biege
Georg Fahrenschon will Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands werden. Warum verliert CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer seinen "unverzichtbaren" Minister?
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MÜNCHEN taz | Für Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) wird es ungemütlich. Umfragen zufolge rechnen sich SPD, Grüne und Freie Wähler in einer Koalition die Chance auf einen Machtwechsel bei der Landtagswahl 2013 aus. Inhaltlich schwenkt die CSU bei einem Kernthema nach dem anderen um und zieht damit den Unmut der Basis auf sich. Nun verabschiedet sich auch noch einer der wichtigsten Minister aus Seehofers Kabinett.
Am Freitag teilte Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon über die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit, dass er für das Amt des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands kandidieren will. Einen Tag zuvor hatte ihn Seehofer noch als "unverzichtbar" bezeichnet.
Der bayerische Ministerpräsident verliert mit dem 43 Jahre alten Politiker mitten in der Euro-Schuldenkrise und den Beratungen über Steuersenkungen in Berlin seinen profiliertesten Finanzfachmann. Fahrenschon, der aufgrund seines Alters und seiner Fähigkeiten noch viele Möglichkeiten hätte, entschied sich "nach reiflicher Überlegung" gegen die CSU.
Gründe für Fahrenschons Rückzug aus der Politik gibt es viele. Der Posten als Sparkassenpräsident in Berlin ist attraktiv: Er verspricht mehr Geld, mehr Zeit und keinen Chef, der ihm dreinredet. Auch, so heißt es, fehle Fahrenschon die notwendige Brutalität, um sich innerhalb der CSU durchzusetzen - vor allem gegen Seehofer, der als wankelmütig und machtversessen verschrien ist.
Inhaltliche Differenzen
Einen herben Rückschlag erlebte der Finanzminister, als er im Sommer wegen der von Seehofer zuvor eingeführten Frauenquote nicht Chef des mächtigen Bezirksverbands der CSU werden durfte. Dieser Posten gilt als Sprungbrett für das Amt des Ministerpräsidenten.
Auch inhaltlich scheint es Differenzen zwischen Seehofer und Fahrenschon gegeben zu haben. Im Focus stützte Fahrenschon den Steuervorschlag von CDU und FDP im Bund, den Seehofer harsch kritisiert hatte: "Ich glaube, dass wir den Grundfreibetrag erhöhen und gleichzeitig die Tarifeckbeträge nach rechts verschieben müssen, um die kalte Progression zu entschärfen." Seehofers Idee, stattdessen den Solidaritätszuschlag zu senken, stand er skeptisch gegenüber.
Seehofer will nach dem Verlust seines Ministers sein Kabinett rasch umbilden. Am heutigen Dienstag will er einen Nachfolger für Fahrenschon präsentieren. Als Kandidaten wurden in der CSU die beiden bayerischen Minister Markus Söder (Umwelt), Joachim Herrmann (Innen) sowie Fahrenschons Staatssekretär Franz Pschierer genannt.
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