Bayern besiegt Leverkusen 2:0: Rittmeister Uli
Die Bayern zeigen beim 2:0-Sieg in Leverkusen wieder ihre kühle Effizienz. Vor allem Provokateur Uli Hoeneß findet zu seiner alten Form zurück.
Wie ein Lehrer, der gelegentlich Schläge mit dem Stock verteilt, umgibt sich auch Uli Hoeneß an manchen Tagen mit einer Furcht erregenden Autorität. In der Regel geschieht das nach schmerzhaften Rückschlägen. Seine Opfer: Spieler, Schiedsrichter oder Journalisten. Überraschend trat der Manager von Bayern München auch nach dem 2:0-Sieg seines Klubs bei Bayer Leverkusen mit dünnen Lippen und feurigen Augen vor die Mikrofone. Adressat seiner strengen Ausführungen war der unterlegene Gegner.
"Es war schon unter Daum so, dass Leverkusen nicht mit der Favoritenrolle klarkommt", legte Hoeneß seinen Finger zielsicher in die klaffende Wunde. "Die hatten immer den Makel, dass sie gut spielen, bis es ernst wird. Dann fehlt ihnen was." Der Mann genoss seine kleinen Hiebe.
Es muss ungemein beruhigend sein, zu wissen, dass zumindest das Verhältnis zwischen Bayer und Bayern unverändert geblieben ist. Die Münchner spielten effektiv, im tiefsten Glauben an die eigene Größe, während Bruno Labbadia - wie so viele seiner Vorgänger - eingestehen musste, dass Leverkusen "nicht annähernd an das herangekommen ist, was die Mannschaft zuletzt so stark gemacht hat". Es war die achte Niederlage gegen den Rekordmeister in Folge. Nichts hat sich geändert.
Dabei sind sowohl Jürgen Klinsmann als auch Labbadia vor der Saison mit dem Ziel angetreten, entscheidende Verbesserungen einzuführen. Leverkusens Trainer will das Selbstwertproblem seines Klubs lösen, und Klinsmann hat den großen Plan, den Hochgeschwindigkeitsfußball der europäischen Spitzenteams in München anzusiedeln. Diese Partie nährte den Verdacht, dass beide Projekte erst am Anfang stehen. Leverkusen war zwar in der ersten Halbzeit überlegen, hatte die besseren Chancen (Henrique, 16., Helmes, 20.); wenn riskantere Aktionen gefragt waren, fehlten jedoch Selbstvertrauen und Präzision. Und die Münchner warteten zunächst einfach nur ab. Die Intensität eines echten Spitzenspiels ergab sich daher nie, und nachdem Luca Toni die Münchner in Führung gebracht hatte (59.), legte sich eine förmlich greifbare Gewissheit über die Arena: Diese Partie war entschieden. Offenbar ist die Leverkusener Neigung zur Unterwürfigkeit gegenüber den Bayern vererbbar.
So wie die Münchner Neigung, Gegner mit dem simplen Mittel einer demonstrativen Autorität einzuschüchtern. Fast scheint es, als habe "der Prozess", von dem Klinsmann so gerne spricht, eine umgekehrte Richtung eingeschlagen. Statt die Bayern nach seinen Vorstellungen zu verändern, passt sich Klinsmann dem traditionellen Wesen des Münchner Edelklubs an. Nach den torreichen Partien der ersten Saisonphase spielen sie mittlerweile effektiv, aber längst noch nicht so rasant wie Europas Spitzenteams. Klinsmann musste lächeln, als er mit dieser These konfrontiert wurde. Er sprach von einer "normalen Entwicklung" und erklärte, dass es in München eben "ein bisschen windiger zugeht", wenn es nicht sofort rund läuft.
Wie der künftige Fußball der Bayern aussehen könnte, bleibt also ein Rätsel, vielleicht auch für Hoeneß, der von all dem Gerede über Taktik und Ästhetik nichts wissen wollte. Solche Dinge seien nicht entscheidend, er schwärmte vom "Stil einer Klassemannschaft" und erklärte, dass am Ende immer das Format der Spieler ausschlaggebend sei. "Es gibt nur eine Qualität: nicht jünger oder älter, nicht teurer oder billiger, sondern besser oder schlechter. Und natürlich sind wir besser."
An diesem Tag lag er damit richtig. Besonders die linke Seite mit dem großartigen Franck Ribéry, mit Philipp Lahm und Zé Roberto agierte beeindruckend. Ribéry, der Miroslav Kloses 0:2 vorbereitete (82.), hebt das Niveau dieser Mannschaft, wie es nur selten ein Einzelner im Kollektiv vermag. "Er ist wieder in Bestform, das ist ein toller Trumpf", sagte Klinsmann, der sich nun auf das Spitzenspiel kommenden Freitag freut. Dann gastiert die TSG Hoffenheim in München, es wird wohl ein Finale um die Herbstmeisterschaft. Sie haben Leverkusen "auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt" (Hoeneß), dasselbe soll mit dem Aufsteiger gelingen. Gewiss hat der Manager wieder ein paar kleine psychologische Hiebe für den Gegner parat.
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