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■ Bayerische SPD macht Punkte in der Debatte um den §218Profil ohne Neurose

Ein paar Monate noch, dann kann die bayerische SPD ein besonderes Jubiläum feiern: 40 Jahre Opposition. Dieser deutsche Machtlosigkeitsrekord lähmt natürlich die alltägliche Arbeit im Parlament. Manche Sozialdemokraten interessieren sich nur noch für die Schwächen in den eigenen Reihen, manche nur noch für banale Detailprobleme, manche für überhaupt nichts mehr. Machtwechsel in Bayern? So unwahrscheinlich wie ein Umsturz im Vatikan.

Doch die Debatten über die bayerischen Sondergesetze zum Paragraphen 218 haben gezeigt, daß Bayern wieder eine Opposition hat. Zunächst gelang es der SPD, eine Diskussion überhaupt anzuzetteln – obwohl die CSU das Thema am liebsten schnell und leise durch das Parlament geschleust hätte. Dann erleichterte eine bockig schweigende CSU-Fraktion die sozialdemokratische Selbstdarstellung. Und in der Sondersitzung des bayerischen Parlaments, die auf Druck der SPD zustande kam, festigte sich der Eindruck: Die SPD gibt den Ton an – und das ohne die üblichen Dissonanzen.

Daß dies den Sozialdemokraten gelungen ist, liegt an der fundamentalistischen Vorgabe der CSU und ihrer Lebensschützerin Barbara Stamm. Deren, nun vom bayerischen Parlament verabschiedetes, Machwerk zum Paragraphen 218 forderte zur Opposition geradezu heraus.

Es soll den Bonner Kompromiß von 1995 unterlaufen – was um so ärgerlicher ist, als im Bundestag selbst die CSU zugestimmt hatte. Und es versucht die Reformen der letzten Jahre rückgängig zu machen. So sollen ambulante Abtreibungen in Bayern so gut wie unmöglich werden, und der Druck auf schwangere Frauen soll steigen. Das reichte aus, um die bayerische SPD zu einigen und anzuspornen.

Doch jetzt sind die bayerischen Sondergesetze verabschiedet, nun wird es schwieriger für die Sozialdemokraten. Denn eine Verfassungsklage scheint problematisch, weil die CSU ihre Gesetze geschickt um das Karlsruher 218-Urteil herum gebastelt hat. Und ein Volksbegehren könnte die Staatsregierung wegen juristischer Details abschmettern. Doch diese Schwierigkeiten ändern nichts am SPD-Erfolg der letzten Wochen. Felix Berth

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