Bayer Leverkusen in Fußball-Bundesliga: Herrlich flexibel

Die Mannschaft der Stunde heißt Bayer Leverkusen. Trainer Heiko Herrlich überrascht sein Team immer wieder mit taktischen Finessen.

Ein Fußballspieler auf einem Fußballfeld

Fliegt nächste Woche nach Jamaika: Leon Bailey Foto: dpa

Leverkusen taz | Zwei Spiele noch, dann erfüllt sich Leon Bailey einen dringenden Wunsch. Gegen die Winter in Europa habe er nichts einzuwenden, fünf davon habe er schließlich schon mitgemacht, erzählte der 20-jährige Flügelstürmer nach dem Leverkusener 1:0 gegen Bremen unter der Woche. Zur Bekräftigung seiner Behauptung wies er auf seine Hände, die er bei Spielen nie unter Handschuhen verstecke.

Doch bei aller Akzeptanz der kühlen Temperaturen: Einen Flug in die Heimat hat Bailey für Ende nächster Woche, nach der Sonntags-Partie in Hannover und dem Pokalspiel am Mittwoch in Mönchengladbach, längst gebucht. „Ich brauche mal wieder ein bisschen Sonne“, erklärt er. „Deshalb freue ich mich jetzt auf Weihnachten in Jamaika mit meiner Familie.“

Politisch ist die Variante Jamaika in Deutschland kürzlich nach sogenannten Sondierungsgesprächen gescheitert, am Fuße der Autobahn A 1 ist der karibische Inselstaat jedoch gerade quicklebendig. Dank Leon Bailey – der unter den vielen Gesichtern des Leverkusener Aufschwungs in den letzten Wochen am freudigsten strahlte. Im Januar kam der rasend schnelle Angreifer für 13 Millionen Euro vom belgischen Erstligisten Genk zum Werksklub. In der ersten Halbserie bei den Rheinländern fiel er dabei weniger durch seinen sportlichen Beitrag (acht Kurzeinsätze) als durch ein Snapchat-Video auf, in dem er den Profiboxer Atif Tanriseven Ribera als Clown verhöhnte.

Der Faustkämpfer aus Belgien drohte Leon Bailey deshalb in Genk auf offener Straße Prügel an, übertrug die Szene zudem live via Facebook. Acht Monate ist das jetzt her – und gefährlich wird es mittlerweile nicht mehr für den Bayer-Kicker, sondern für dessen Gegner auf dem Rasen. Die Vorbereitung zum entscheidenden Tor durch Lucas Alario gegen Werder war bereits Baileys fünfter Assist in dieser Saison, hinzu kommen vier eigene Treffer und unzählige gut herausgespielte Tor­gelegenheiten.

Leon Bailey belohnt sich mit einem Flug in die Sonne

Sportchef Rudi Völler lobte den 12-Millionen-Einkauf des vergangenen Winters als „herzerfrischend. Besonders bemerkenswert ist, dass ein Spielertyp wie er nicht egoistisch ist“, sondern immer für die Mannschaft arbeitete. „Er ist eine Waffe, hat brutale Fähigkeiten im Spiel nach vorne und arbeitet auch nach hinten gut mit“, lobt Trainer Heiko Herrlich, dessen Team nach holprigem Start inzwischen bis hinauf auf einen Champions-League-Platz in der Tabelle geklettert ist.

Der gebürtige Mannheimer, im Sommer von Zweitliga-Aufsteiger Regensburg unters Bayer-Kreuz geholt, galt anfangs als Notlösung, weil Leverkusen vor allem an den Diensten des in Dortmund kürzlich gefeuerten Peter Bosz interessiert war. Nun ist der 46-jährige Herrlich neben dem Schalker Kollegen Domenico Tedesco (32) die große Nummer unter den Bundesligatrainern. Mit elf Spielen en bloc ohne Niederlage – eine bessere Serie kann in der Liga aktuell kein Klub vorweisen.

Öfter mal was Neues

So wie sich das Image von Leon Bailey im zurückliegenden Halbjahr wandelte, so gilt Flexibilität als das Markenzeichen von Herrlichs Arbeit. Der frühere Angreifer hat stets einen oder mehrere Alternativpläne im Kopf – auf die er auch regelmäßig zurückgreift und Leverkusen so schon etliche Punkte sicherte. Am spektakulärsten gelang das im Oktober beim 5:1 in Gladbach (nach 0:1-Pausenrückstand). Doch auch beim jüngsten Auswärtserfolg in Stuttgart (2:0) reüssierte der Bayer-Coach mit gleich drei Systemumstellungen während des Spiels.

Herrlich mag es generell gern überraschend: Anstatt einen festen Strafenkatalog zu verankern, ahndet er Disziplinlosigkeiten seiner Profis lieber spontan, sodass sich Bayer-Betreuer schon über ein neues Fahrrad oder ein teures Küchengerät freuen konnten. Öfter mal was Neues – nach der Maxime verfährt der ausgesprochen geerdete Übungsleiter auch bei seinen Aufstellungen: Gegen Werder Bremen wechselte Heiko Herrlich seine Startelf im Vergleich zum Stuttgart-Spiel gleich auf fünf Positionen.

In der Anfangsformation belassen hatte er allerdings Leon Bailey, seinen rastlosen Antreiber aus der Karibik. Sehr zur Freude des Torschützen Alario, der die Künste des jamaikanischen Passgebers zuletzt intensiv von der Reservebank aus verfolgt hat. „Leon hat eine sehr starke Phase, ist super im Eins-gegen-eins“, weiß der Argentinier – und verfährt entsprechend: „Sobald er am Ball ist, versuche ich eine Lücke zu finden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.