Bauplanklau beim Bundesnachrichtendienst: Uhrlau will Zentrale nicht neu bauen
Laut BND-Präsident Uhrlau waren die gestohlenen Pläne kein brisantes Material. Sie würden Auskunft über den Energietrakt geben. Doch Fragezeichen bleiben.
BERLIN taz | Der Bundesnachrichtendienst wollte am Dienstagnachmittag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz eigentlich für Aufklärung sorgen. Es ging um die Baupläne für die künftige BND-Zentrale in Berlin, die laut dem Magazin Focus von der streng bewachten Baustelle gestohlen worden seien und über den "geheimsten Teil" des Neubaus Auskunft geben würden. Doch BND-Präsident Ernst Uhrlau konnte die Frage nicht eindeutig beantworten, welche Bedeutung die gestohlenen Pläne tatsächlich haben.
Die ARD hatte unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, der Kernbereich des Gebäudes müsse neu geplant werden. Dadurch würde sich die mit rund 1,3 Milliarden Euro veranschlagte Errichtung der BND-Zentrale möglicherweise beträchtlich verteuern. Das dementierte Uhrlau.
Er versicherte, dass es bei den entwendeten Plänen nicht um die "sensiblen Einrichtungen" der Zentrale gehe; nichts müsse neue geplant werden. Entwendet wurden offenbar die Pläne der Nordbebauung. Hier wird sich laut Uhrlau die Energiezentrale, das Parkhaus der rund 4.000 Mitarbeiter und die Ver- und Entsorgung, jedoch nicht das Lagezentrum befinden. Der BND sei vor allem betroffen von der Berichterstattung, nicht vom Diebstahl der Pläne. "Die Veröffentlichung ärgert uns maßlos", so der BND-Präsident.
Später bezeichnete Uhrlau die Entwendung auf einmal als "durchaus erheblich". "Die Pläne zur Sicherung der Stromversorgung und der Energiezentrale", so Uhrlau, "will man nicht auf dem offenen Markt sehen". Worüber diese Pläne Auskunft geben könnten, blieb jedoch offen.
Danach hieß es wieder, es könne sowieso jeder von außen erkennen, dass sich in dem Gebäude das Energiezentrum befinde. Die gestohlenen Pläne hätten der untersten Geheimhaltungsstufe "Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch" unterlegen und seien an die am Bau beteiligten Firmen weitergegeben worden. Ihre Vernichtung sei nicht kontrolliert worden. Pläne, die sich auf die Sicherheitstechnik beziehen, seien als "Verschlusssache – Vertraulich" eingestuft, fügte der BND-Präsident hinzu.
Fremdfirmen unter Verdacht
Laut Uhrlau würden keine zusätzlichen Kosten entstehen, auch der Umzug von Pullach in die neue Zentrale, der für 2014 geplant ist, werde sich nicht verzögern. Der BND-Präsident machte deutlich, dass er den Kreis der Verdächtigen in der Runde der Fremdfirmen sieht, die an dem Bau beteiligt sind. BND-Mitarbeiter sieht er nicht in der Verantwortung. Anzeige hat der BND nicht gestellt. Das müsste der Bauherr tun, das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.
Innenpolitiker verschiedener Parteien forderten weiterhin eine rasche Aufklärung. Es könne nicht sein, dass das für geheime Informationen zuständige Amt selbst Schwierigkeiten mit der Geheimhaltung habe, sagte der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff den Ruhr Nachrichten vom Dienstag. Ähnlich kritisch äußerte sich der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach (CDU).
Der Linken-Rechtsexperte Wolfgang Neskovic warf die Frage auf, weshalb die "hochsensiblen Baupläne" nicht mindestens als "geheim" eingestuft worden seien, zumal der BND in der Vergangenheit häufig völlig belanglose Papiere als geheime Verschlusssache behandelt habe.
Die BND-Zentrale in Berlin-Mitte ist das teuerste Gebäude, das in der Bundesrepublik jemals gebaut wurde. Im März dieses Jahres feierte der Geheimdienst Richtfest. Auf dem Gelände werden 135.000 Kubikmeter Beton und 20.000 Tonnen Stahl verbaut. 14.000 Fenster wurden eingesetzt. Die Grundfläche des Komplexes entspricht der Größe von 35 Fußballfeldern. Laut BND soll es die modernste Geheimdienstzentrale Europas werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“