Baugeschichte: Moderne soll Kultur werden

Berlin hat gute Chancen, dass nach Museumsinsel und preußischen Schlössern sechs Siedlungen der Moderne zum Unesco-Welterbe werden.

Noch hat Berlin erst zwei Welterbestätten der Unesco - die Museumsinsel und die preußischen Schlösser und Gärten. Bald aber soll mit sechs Siedlungen des Reformwohnungsbaus der 20er-Jahre das dritte Weltkulturerbe dazukommen. "Berlin hat gute Chancen, dass die sechs Siedlungen im nächsten Jahr oder 2009 auf die Liste kommen", sagte Berlins Landeskonservator Jörg Haspel gestern bei der Eröffnung der Ausstellung "Berliner Siedlungen der 1920er Jahre" im Bauhaus-Archiv.

850 Welterbestätten der Unesco gibt es insgesamt, 31 in Deutschland, zwei in Berlin. Mit den Siedlungen der Moderne soll Berlin nun die Nummer drei bekommen. Das wäre ein Signal, dass man Berlin nicht nur für die Könige und Kaiser auszeichnet, sondern auch für demokratisches Bauen. Noch aber ist es nicht so weit. Doch die Chancen stehen gut, dass die sechs Siedlungen nächstes oder übernächstes Jahr auf die Liste kommen, meint Landeskonservator Jörg Haspel. Vorerst sind sie in einer Ausstellung im Bauhaus-Archiv in der Klingelhöferstraße 14 zu sehen.

In der Ausstellung, die bis zum 8. Oktober zu sehen ist, werden die Siedlungen - die Gartenstadt Falkenberg in Treptow, die Siedlung Schillerpark im Wedding, die Hufeisensiedlung Britz, die Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg, die Weiße Stadt in Reinickendorf und die Großsiedlung Siemensstadt - erstmals öffentlich präsentiert. Zugleich ist ein opulenter Katalog erschienen, in dem auch das seit 10 Jahren laufende Bewerbungsverfahren Berlins für das Unesco-Welterbe dokumentiert wird.

Tatsächlich hatte der Berliner Senat den Vorschlag bereits 1997 der Kultusministerkonferenz unterbreitet, die ihn dann auf die so genannte Tentativliste der Unesco setzte - jene Liste, von der später die Welterbestätten berufen werden. Anlass für das Thema moderner Wohnungsbau war laut Haspel eine Neuorientierung der Welterbepolitik der Unesco: "Es wurde festgestellt, dass von den 850 Welterbestätten weltweit das 20. Jahrhundert mit nur 2 bis 3 Prozent unterrepräsentiert ist", so der Landeskonservator. Entscheidend für die Bewerbung war aber auch, so Haspel, "dass Berlin in den 20er-Jahren die Hauptstadt der modernen Architektur war, so wie Paris die Hauptstadt der modernen Kunst war".

Seit der offiziellen Bewerbung Berlins vom vergangenen Jahr liegen dem Unesco-Welterbebüro in Paris nun zwei deutsche Nominierungen vor: die Berliner Bewerbung sowie das Schloss Schwetzingen in Baden-Württemberg. Unklar ist bislang noch, inwieweit sich der Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden auf die Neuaufnahme deutscher Welterbestätten auswirkt. Das Unesco-Welterbebüro ließ bisher keinen Zweifel daran, dass der Bau der umstrittenen Brücke das Welterbe "Elbtal in Dresden" nachhaltig beeinträchtigt.

Eine wichtige Anforderung der Unesco hat die Berliner Bewerbung aber in der Tasche. Mit der Gehag, der BauBeCon und der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft 1892 sind auch die Eigentümer der sechs Siedlungen im Boot. Sie haben sich zu einer "Initiative Welterbe" zusammengeschlossen und unterstützen das Anliegen mit zahlreichen Veranstaltungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.