standbild: Bauerntheater
Tatort: Passion
(So, 20.15 Uhr, ARD)
Die Bild-Zeitung hatte vor der Ausstrahlung des ORF-Tatortes versucht, einen kleinen Skandal zu inszenieren. Der Grund: Das erste Opfer des Krimis, der Jesus-Darsteller der Passionsspiele einer kleinen Dorfgemeinde in Tirol, hing, wie weiland das biblische Original, an einem Kreuz. Mit Nägeln an Händen und Füßen.
Vertreter der Kirche durften sich nun im Vorfeld medienwirksam über „Gotteslästerung“ und „Geschmacklosigkeit“ ereifern und forderten, die Folge nicht auszustrahlen. Schmunzelte man zunächst noch über die Rührigkeit dieser beherzt vorgetragenen Empörung in der Medien-Moderne, ist man seit der Ausstrahlung am Sonntag schlauer: Die ganze Aufregung war nur Teil einer geschickten Werbekampagne.
Was uns Buch (Felix Mitterer) und Regie (Ilse Hofmann) da als „fesselnden Heimatkrimi mit ironischen Untertönen“ unterjubeln wollten, war nichts als Bauerntheater in einer Volkshochschul-Inszenierung. So gestandene Schauspieler wie Dietmar Schönherr, Reinhard Simonischek und Dietrich Siegl durften hier als Knallchargen noch mal das Stück von der verschworenen und korrupten Dorfgemeinschaft geben, die sich schnell ihrer unliebsamen Widersacher entledigt; die lockenden US-Dollars immer schön vor Augen. So weit, so gähn.
Was der ganzen Chose etwas Pfiff gab, war Sophie Rois. Als Kommissarin Roxane Aschenwald stolperte sie an der Seite von Harald Krassnitzer durch die Ermittlungen der diversen Mordfälle. Sie, die vor Jahren dem Dorf den Rücken kehrte, durfte nun den ganzen Sumpf aus Lügen und Intrigen trockenlegen. Ihre Rolle war das Beste, was dieser Tatort aus der österreichischen Hinterwelt zu bieten hatte: mal unsicher, dann doch bestimmt und immer kratzbürstig spielte Rois ihre Kommissarin und Harald Krassnitzer locker an die Wand. Von ihr würde man gerne mehr sehen, wenn auch mit besserem Drehbuch. Aber vielleicht hilft beim nächsten ORF-Tatort dann ja tatsächlich himmlischer Beistand.
THORSTEN PILZ
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