: Bauern: Im Teufelskreis der Überproduktion
Bonn (adn) - Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle erwartet keine bessere Situation in der Landwirtschaft, wenn die DDR der Bundesrepublik beigetreten ist. Selbst die Aussichten auf gute Ernteergebnisse in der Bundesrepublik, der DDR und der EG helfen da nicht ab. Nach vorläufigen Schätzungen seines Ministeriums haben bundesdeutsche Bauern knapp 26 Millionen Tonnen Getreide und Mais unter Dach und Fach gebracht. Das seien bei einer um 3,2 Prozent geringeren Anbaufläche nur 0,5 Prozent weniger Korn als 1989, erklärte Kiechle vor Journalisten. In der DDR werde die Getreideernte ohne Mais auf 11,61 Millionen Tonnen geschätzt, 7,3 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch erwartet der Minister eine EG-weit ertragreichere Kartoffelernte. Allein in der DDR sei mit 8,2 Millionen Tonnen zu rechnen - wesentlich mehr, als dort verbraucht werde.
Infolge höherer Hektarerträge bei Getreide (7,2 Prozent über dem Jahresdurchschnitt von 1984 bis 1989), haben die Menschen „im Überfluß zu essen“, doch die Agrarpolitik leide, so der CSU-Minister. Sie müsse „der Überschüsse Herr werden“. Speziell bei Roggen gebe es Anlaß zu Sorge, weil erheblich mehr erzeugt als verbraucht werde. Kiechle bezeichnete verstärkte Flächenstillegung als geeignetes Mittel, um aus dem „Teufelskreis“ der Überproduktion und der dadurch fallenden Preise für die Bauern herauszukommen. Es sei absurd, daß sich die hervorragenden Leistungen der Bauern nicht im Einkommen niederschlagen.
Die Agrarerzeugerpreise erhöhten sich in der Bundesrepublik um durchschnittlich 4,3 Prozent gegenüber 1989. Dagegen haben sich die Betriebsmittel Kiechle zufolge nur um 2,7 Prozent verteuert. In der DDR seien die Erzeugerpreise gegenüber den zuvor staatlich festgesetzten Preisen um 50 bis 80 Prozent gefallen. Mit der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zogen die Verbraucherpreise kräftig an, fügte der Minister hinzu. Das betreffe alle wichtigen Nahrungsmittel.
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