Basketball: Albas Aufbrausender
Der neue Trainer von Alba Berlin, Luka Pavicevic, ist ein impulsiver Mann. Das ist gut für die Mannschaft.
BERLIN taz Alba Berlin stand in diesem Jahr vor einer speziellen Herausforderung: Der Verein musste sich neu erfinden. Nicht nur, dass wieder einmal fast das komplette Team gegen Neuankömmlinge ausgetauscht werden sollte, es galt auch, einen neuen Cheftrainer zu berufen. Henrik Rödl musste nach der titellosen Vorsaison gehen. Rödl hatte durch solide Ernsthaftigkeit überzeugt, doch er vermochte es nicht, die Ansprüche des vielfachen deutschen Meisters zu befriedigen. Schnell hieß es, er sei zu sanft im Auftreten und zu unerfahren im Umgang mit internationalen Profis. Das kann man dem neuen Trainer, Luka Pavicevic, 39, nun wahrlich nicht vorwerfen. Der Serbe, der zuletzt in Griechenland das Zepter schwang, ist überaus impulsiv und durchsetzungsfähig. Und Titel will er auch: "Ich will mit Alba deutscher Meister werden."
Genau genommen hat sich Alba nicht komplett neu erfunden, man hat sich auf die Vergangenheit besonnen, in der die jugoslawische Schule des Basketballs gelehrt wurde, zunächst vom charmanten Zuchtmeister Svetislav Pesic, später vom braven Basketballarbeiter Emir Mutapcic. Nach dem Intermezzo mit Rödl ist es nun an Pavicevic, den Balkanstil in Berlin weiterzuentwickeln. Drei souveräne Siege in der Meisterschaft gegen Gießen, Quakenbrück und am Dienstagabend gegen Aufsteiger Göttingen sind bereits herausgesprungen. Das Auftreten der neuen Mannschaft lässt sich mit wenigen Attributen umschreiben: diszipliniert, kompakt, sendungsbewusst. Da gerät es fast zur Nebensache, dass zwei Leistungsträger lange Zeit ausfallen werden; sowohl Spielmacher Goran Jeretin als auch Johannes Herber haben sich einen Kreuzbandriss zugezogen.
Alba ist zwar auf der Suche nach einem Ersatz, hat ihn aber nur bedingt nötig, denn Bobby Brown, vom College in diesem Sommer direkt nach Europa gewechselt, geht in der Führungsrolle auf, erweist sich als binärer Taktiker, weil der 23-Jährige das Spiel unaufgeregt dirigiert und dezent auf Korbjagd geht. Selbst in kniffligen Situationen weiß sich das neue Team zu behaupten. Als Coach Pavicevic im Spiel gegen Göttingen wegen einer strittigen Schiedsrichterentscheidung die Contenance verlor, erst ein technisches Foul und dann ein disqualifizierendes Foul bekam (und damit die Halle verlassen musste), da schien die Mannschaft, die nun vom neuen Co-Trainer Petar Aleksic geführt wurde, unbeeindruckt.
Trotz intensiver Verteidigungsarbeit der Göttinger trafen die Berliner, als stünden Pappattrappen vor ihnen. John Patrick, der Gästetrainer, lobte denn auch die Spielauffassung Albas: "Das ist ein ungemein organisiertes und diszipliniertes Team. Als wir zurück ins Spiel gekommen sind, haben sie sofort zurückgeschlagen." Alba habe "unter Druck" getroffen, "das zeichnet ein gutes Team aus", sagte Patrick. Luka Pavicevic konnte auf diese Komplimente nichts erwidern. Er war zur Pressekonferenz nicht erschienen. Wahrscheinlich ließ er seinen Zorn noch irgendwo in den Katakomben der Max-Schmeling-Halle verrauchen. MARKUS VÖLKER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!