piwik no script img

Basketball und BürokratieAusgebremst von der NVStättVO

Der VfL Stade könnte mit seiner Basketball-Mannschaft in die Dritte Liga aufsteigen. Allerdings fehlt dem Verein dafür nicht nur ein Geschäftsführer, sondern auch Klos

Sport top, Halle Flop: Der Aufstieg der Stader könnte am Baulichen scheitern Foto: Carla Fromme

Hamburg taz | „Versammlungsstättenverordnung“ – das ist doch mal ein herrlich bürokratischer Begriff, der vermittelt, dass in Deutschland alles seine Ordnung hat. Was dies mit der Basketball-Männermannschaft des VfL Stade, einem viertklassigen Regionalligisten, zu tun hat? Eine Menge.

Die niedersächsische Versammlungsstättenverordnung (NVStättVO) vom 8. November 2004 könnte nun dazu führen, dass der VfL, obwohl es sportlich möglich wäre, nicht aufsteigen kann.

Der erste Tabellenplatz ist hart umkämpft: Durch ein 66:59 gegen Rot Weiss Cuxhaven haben die Stader kurzzeitig die Tabellenführung vom besiegten Gegner übernommen. Doch weil sie an diesem Wochenende gegen die BG Aschersleben Tigers 78:63 verloren haben, heißt es für die Stader jetzt wieder Platz zwei. Da Cuxhaven aber schon eine Partie mehr ausgetragen hat, ist beim Kampf um den Aufstiegsplatz noch alles drin. Fünf Spieltage vor Saisonende ist die Rückkehr in die drittklassige Pro B, wo Stade in der Saison 2015/16 nur ein kurzes Gastspiel gab, machbar.

„Dorthin würden wir gerne wieder aufsteigen, allerdings hat die Liga die Anforderungen verschärft“, sagt Michael von Bremen, Abteilungsleiter Basketball. „Jetzt ist es so, dass es vielleicht an den Toiletten scheitert“, sagt von Bremen.

Laut Paragraf zwölf der besagten Versammlungsstättenverordnung sollen für Frauen bei der Bezugsgröße von 1.000 Zuschauern zwölf Toiletten vorhanden sein, für Männer acht Toilettenbecken und zwölf Urinale. In der Sporthalle des Vincent-Lübeck-Gymnasiums, in der der VfL seine Heimspiele austrägt, gibt es jedoch insgesamt nur zwei Toiletten – eine für Damen, eine für Herren. Bauliche Veränderungen an der Sporthalle sind nicht möglich.

„Wir überlegen, in dem Fall auf Toilettenwagen oder Dixie-Klos zurückzugreifen“, sagt von Bremen. Ob das Aufstellen dieser Häuschen vor der Halle die Verordnung erfüllt, dürfte noch zu Diskussionen führen. Es gebe zu viele Bestimmungen, kritisiert der 48-Jährige, der seit 42 Jahren Vereinsmitglied ist. „Wir versuchen vieles, aber dann wird einem wieder etwas zwischen die Füße geworfen.“

So werde von der Basketball-Bundesliga gefordert, dass jeder Klub in der Pro B einen Geschäftsführer stellen muss, der sich nur um den Basketball kümmert. So ein Vollzeitmodell wäre für den VfL Stade finanziell kaum möglich. Auch der Jugendkoordinator dürfte nur noch zur Hälfte seiner Arbeitszeit in der Halle stehen und Teams betreuen. Ansonsten müsste er sich um administrative Dinge kümmern.

Vielleicht scheitert der Aufstieg anden Toiletten

Michael von Bremen, Vfl Stade

Für einen Verein wie den VfL Stade wäre der Aufstieg ein ordentlicher Sprung. Derzeit beläuft sich der Etat für die Mannschaft auf 55.000 Euro pro Saison. Nur ein Spieler, der US-amerikanische Point Guard Mason Biddle, bezieht ein überschaubares Gehalt. Andere Spieler erhalten Fahrtkostenerstattungen, drei Nachwuchstalente spielen auf 450-Euro-Basis.

Auf diesem finanziellen Niveau sind Einnahmen aus dem Catering „eine wichtige Einnahmequelle“, wie von Bremen sagt. Ehrenamtliche Helfer verkaufen zu den Heimspielen Kaffee, Bier und selbstgemachten Kuchen.

„Wir im Verein fragen uns, ob wir einen Aufstieg stemmen könnten oder nicht“, sagt von Bremen. „Ich habe große Bauchschmerzen, wenn wir es nicht versuchen. Das würde die Mannschaft demotivieren.“

Immerhin hat der Trainer Nemo Weber vor knapp zwei Jahren seine Aufgabe angetreten, um die Rückkehr in die Pro B innerhalb von drei Jahren zu erreichen. „In den Köpfen der Spieler ist natürlich der Traum vom höchstmöglichen Erfolg“, sagt der 27-Jährige, der mit 19 Jahren seine aktive Laufbahn wegen einer Verletzung beenden musste. „In der Mannschaft steckt enorm viel Qualität.“ Auf der Zielgeraden der Saison gilt es nun, noch einige Klippen zu umschiffen – fünf sportliche und weitaus mehr bürokratische.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!