Basketball kommt nach Hamburg: Pascal und Marvin bauen Türme
Die frisch gegründeten Hamburg Towers dürfen in der 2. Bundesliga starten. Bis September müssen die beiden Macher noch ein Team zusammenstellen.
HAMBURG taz | Wer Dunkings und Dreipunktewürfe liebt, wird in Hamburg nicht gerade verwöhnt. In der selbst proklamierten Sportstadt gibt es Fußball, Hockey und Eishockey auf Top-Niveau, doch mit Profibasketball sah es zwölf Jahre lang zappenduster aus.
Jetzt hat das Warten ein Ende. Nachdem die Gesellschafter der 2. Basketball-Bundesliga Anfang Juni der Vergabe einer Wildcard zugestimmt haben, werden die Hamburg Towers Ende September ihr erstes Punktspiel austragen. Wegen finanziellen Unwägbarkeiten nicht wie geplant in der Basketball-Bundesliga (BBL), aber immerhin eine Spielklasse darunter in der 2. Liga ProA.
Die Hamburger „Türme“ sind ein Klub ohne Geschichte, ein Retortenverein, der vor gar nicht allzu langer Zeit nur in den Köpfen von Pascal Roller und Marvin Willoughby, beide prominente Ex-Nationalspieler und die Macher hinter dem Projekt, existierte – und jetzt quasi aus dem Nichts und ohne sportliche Qualifikation Hamburgs Sportbühne betritt.
Mittelfristiges Ziel ist der Aufstieg in die BBL, also dort, wo Sportfans Profiklubs aus Hamburg erwarten und Großstadtvereine wie Alba Berlin oder Bayern München Platz 2 in der Zuschauergunst nach König Fußball einnehmen. Erst mal gilt es aber mit dem siebenstelligen Etat, der weit über dem Liganiveau liegt, binnen kurzer Zeit eine Mannschaft auf die Beine zu stellen. An Interesse seitens vieler Spieler und Trainer soll es laut Roller nicht mangeln.
Was noch fehlt sind große Sponsoren, ein Mäzen wie einst beim insolventen Bundesligisten Hamburg Tigers wird aber nicht gesucht. Auf ihrer Website werben die Towers um finanzielle Unterstützung mit Sätzen wie: „In Hamburg entsteht das spannendste Sozial- und Sportprojekt Deutschlands.“
Was großspurig klingt, hat einen wahren Kern: Das Konzept ist nicht nur auf den Profibereich ausgerichtet, sondern setzt auf Nachhaltigkeit und Nachwuchsförderung: So wird in Kürze der von Willoughby mitgegründete Verein „Sport ohne Grenzen“ die Insel-Akademie in Wilhelmsburg eröffnen, die integrative Sozialarbeit, Sportinitiativen und betreutes Wohnen unter einem Dach vereinen wird – mit den Towers als Leuchtturm des Konzepts.
Der gebürtige Wilhelmsburger Willoughby trainiert dazu seit Jahren bei den Piraten Hamburg die begabtesten Nachwuchs-Basketballer zwischen 14 und 19 Jahren aus der Metropolregion. Für diese Talente bieten die „Türme“ nicht nur eine Inspiration, sondern endlich auch eine echte Perspektive.
Der heute 35-jährige Willoughby selbst musste als 20-Jähriger seine Heimatstadt verlassen, um in Würzburg – übrigens an der Seite von Dirk Nowitzki – den nächsten Karriereschritt zu gehen. Erst vor einem Jahr verabschiedete sich das Eppendorfer Ausnahmetalent Ismet Akpinar aus Hamburg, um in der Basketballhochburg Berlin beim Top-Klub Alba seinen Traum vom Berufssportler zu verwirklichen. „Wir können jetzt unsere Talente in der Stadt halten“, sagt Willoughby.
Drei der zwölf Profis im Towers-Kader sollen, so der Plan, möglichst Eigengewächse sein, identifikationsstiftende Lokalmatadoren, wenn man so will. Im Gespräch ist zum Beispiel der U20-Nationalspieler Janis Stielow vom SC Rist Wedel.
Ob der neue Klub bei den Fans schnell ankommt und gegen die Mitkonkurrenten Handball und Eishockey auch bestehen kann, ist die große Frage. Dass die Einführung einer Marke kein Selbstläufer wird, ist dem Geschäftsführenden Gesellschafter Roller und dem Sportlichen Leiter Willoughby klar. Darum wird das Duo auch von zwei Hamburger Unternehmern und Marketingstrategen unterstützt. Eine Heimat zumindest gibt es schon: Derzeit wird die ehemalige Blumenhalle der Internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg in eine Basketballarena mit rund 3.500 Zuschauerplätzen umgewandelt.
Nicht unerwähnt bleiben soll: Der 37-jährige Roller, einer der beliebtesten Bundesligaspieler aller Zeiten, hat ja Erfahrung mit der Stunde null. 1999 heuerte er bei den ebenso neu gegründeten Bundesligisten Skyliners Frankfurt an. Anfangs scherten sich die Fans nicht um den Verein, aber das Team gewann gleich im ersten Jahr den Pokal. Heute ist der Klub eine feste Größe in der 1. Liga, und der Hauptsponsor ist der Flughafen Frankfurt. Alles ist also möglich. „Vielleicht wird es ja bald schick sein, zu den Towers zu gehen“, blickt Roller der Premierensaison 2014/15 hoffnungsfroh entgegen. „Wir werden unsere Nische finden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!