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Basken sollen selbst über Baskenland verhandeln

■ Autonome Regierung will nach Waffenruhe mit Herri Batasuna verhandeln

Madrid (taz) – Der Chef der baskischen Autonomieregierung, José Antonio Ardanza, will Bewegung in die Auseinandersetzung um das Baskenland bringen. In einem Zehn-Punkte-Dokument fordert er die baskischen Parteien mit Ausnahme der ETA-nahen Herri Batasuna (HB) auf, eine Dialoglösung zu suchen, um den Konflikt zwischen der Separatistengruppe ETA und der Zentralregierung in Madrid beizulegen.

Ardanza gehört der Baskisch- Nationalistischen Partei (PNV) an. Sein Szenario sieht Gespräche mit Herri Batasuna vor, ohne „Vorbedingungen zu stellen“ oder die „möglichen Ergebnisse einzuschränken“. Einzige Bedingung an die radikalen Nationalisten: „ein Stopp aller bewaffneten Aktionen der ETA“.

Ardanza sieht in politischen Gesprächen den einzigen Ausweg aus dem verfahrenen Konflikt, der über 800 Menschenleben gefordert hat. „ETA wird den bewaffneten Kampf nicht infolge einer polizeilichen Niederlage einstellen“, kritisiert er die in Madrid regierende Konservativen unter José Maria Aznar, der sofort nach seinem Amtsantritt vor zwei Jahren alle Kontakte zur ETA-Führung abbrechen ließ und fortan nur noch auf Repression setzte. Es sei ebenfalls falsch, sagt Ardanza, von einer „politischen Niederlage der Linksnationalisten“ auszugehen, die immerhin 15 Prozent der Stimmen im Baskenland auf sich vereinigen.

Inhalt der Gespräche soll „das Modell der Selbstverwaltung sein, die wir Basken uns geben wollen“. Ardanza versucht mit seinem Vorschlag, die Linksnationalisten für Gespräche innerhalb des Baskenlandes zu gewinnen, anstatt der von ETA immer wieder propagierten direkten Verhandlungen mit Madrid. Denn „der Kern des Problems (...) sind die widersprüchlichen baskischen Optionen darüber, was wir sind und was wir sein wollen“. Einmal einig, wäre es dann an allen baskischen Parteien, die notwendigen „Veränderungen an der rechtlichen Situation des Baskenlandes“ mit der Zentralregierung auszuhandeln.

Während neben der PNV auch die zweite gemäßigt-nationalistische Kraft, die Baskische Alternative (EA), und die baskische Sektion des kommunistischen Wahlbündnisses Vereinigte Linke (IU) Ardanzas Initiative begrüßen, stoßen seine Vorschläge in Madrid auf wenig Gegenliebe. Die Regierung schweigt sich bisher aus. Die sozialistische Oppositionspartei PSOE sieht in Ardanzas Forderung nach Gesprächen „ohne Vorbedingungen“ gar einen Angriff auf die spanische Verfassung und die darin festgelegte Rolle der baskischen Autonomieregierung.

Die Linksnationalisten hat das Dokument sichtlich überrascht. „Wir brauchen noch einige Tage, um die Vorschläge genau zu studieren“, heißt es auf Nachfrage aus der Herri-Batasuna-Zentrale. Doch es scheint, als würde ein Großteil der Ideen Ardanzas auf fruchtbaren Boden fallen. Es sei, heißt es im ETA-Umfeld, „Respekt gegenüber dem politischen Willen des baskischen Volkes“, daß von Vorbedingungen für Verhandlungen nicht die Rede ist. Dies sei neu gegenüber früher. Bleibt abzuwarten, ob sich HB diesmal zu einem Waffenstillstandsaufruf an ETA durchringen kann. Reiner Wandler

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