Bart und Babybauch: Transsexueller bekommt zweites Kind
Groß war die Aufregung, als der Transsexuelle Thomas Beatie seine Schwangerschaft zur Schau stellte. Nun bekam er sein zweites Kind. In Deutschland wäre das nicht möglich gewesen.
Wie der US-Fernsehsender ABC meldete, hat der transsexuelle Thomas Beatie einen Sohn zur Welt gebracht. Der 35-jährige Amerikaner hat im vergangenen Jahr mit seiner ersten Schwangerschaft für ein weltweites Medieninteresse gesorgt. Die Geburt seiner Tochter Susan Juliette gilt als erste Niederkunft durch einen Mann, so die Presseagentur afp.
Thomas und seine Frau Nancy (46), die im Bundesstaat Oregon zu Hause sind, hatten sich dafür entschieden, dass Thomas die Kinder austragen solle, da Nancy nach einer schweren Operation dazu nicht mehr in der Lage war. Die beiden lebten in einer lesbischen Beziehung, bis Thomas vor gut zehn Jahren eine teilweise Geschlechtsumwandlung vornehmen ließ. Er wurde mit Hormonen behandelt und die Brüste wurden ihm entfernt. Aber Thomas besitzt eine intakte Gebärmutter und Eierstöcke. Einen künstlichen Penis ließ sich der Bartträger nicht implantieren.
Ob der Neugeborene, wie seine Schwester, ohne Kaiserschnitt geboren wurde, ist noch nicht bekannt. Aber Nancy wolle, wie auch schon die Tochter, den Sohn selbst stillen. Die Schwangerschaft wurde durch eine künstliche Befruchtung eingeleitet, mit Spendersamen und einer eigenen Eizelle.
Bilder des hochschwangeren Thomas gingen 2008 um die Welt und sorgten teilweise für so heftige Ablehnung und Anfeindungen, dass die Familie in ihrem Haus erhebliche Sicherheitsvorkehrungen treffen musste, um sich zu schützen.
Ein Familienglück wie in Oregon ist in Deutschland nicht möglich. Das deutsche Transsexuellengesetz wird auch nach seiner anvisierten Novellierung in diesem Jahr als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrags in den Behördenregistern vorschreiben, dass die betreffende Person "a) dauernd fortpflanzungsunfähig" sein muss. Zudem "b) in körperlicher Hinsicht dem Erscheinungsbild des andern Geschlecht angepasst" sein soll.
Dieser Passus des Gesetzes ist in Deutschland unter Betroffenen sehr umstritten und wird als "Zwangskastration" kritisiert. Ein entsprechender Eingriff ist bei Frauen mit einem hohen Risiko verbunden und wird als Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit gesehen. Bleibt zu hoffen, dass Thomas und Nancy Beatie mit ihrem Vorbild nicht nur ablehnende Reaktionen hervorrufen, sondern auch jenen Mut zur Familienplanung machen, die außerhalb der Geschlechterschablonen stehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen