Barbara Oertel über schwierige Wahlen in der Ukraine: Neustart gescheitert
Für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko sollten die Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag die letzte Phase eines totalen „Neustarts des Machtsystems“ sein. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht feststehen, so ist doch eins sicher: Das ist gründlich danebengegangen.
Zwar hatten die Ukrainer eine reale Wahl zwischen konkurrierenden politischen Kräften. Das ist in den meisten Staaten der ehemaligen Sowjetunion keine Selbstverständlichkeit. Auch scheint vor allem in der West- und Zentralukraine so etwas wie Normalität eingekehrt zu sein.
Dennoch: Für ukrainische Wahlbeobachterorganisationen, wie Opora, stellt sich die Lage alles andere als rosig dar. So gaben vielerorts Wähler ihre Stimme ab, ohne sich ausweisen zu müssen.
Eineinhalb Millionen Binnenflüchtlingen aus dem Donbass und von der Krim war an ihren neuen Wohnorten die Möglichkeit verwehrt, an den Wahlen teilzunehmen. Auch gibt zu denken, dass der Chef der Zentralen Wahlkommission, Michail Ochendowski, schon unter dem 2014 gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch in Amt und Würden war.
Mit am schwersten jedoch wiegt die Absage der Abstimmung in einigen Städten im Osten – besonders im strategisch wichtigen Mariopul wegen fehlerhafter Stimmzettel. Dabei steht nicht allein die Frage im Vordergrund, wer dafür verantwortlich zeichnet: der Oligarch Rinat Achmetow, dem die beauftragte Druckerei gehört. Oder Kiew, das sich eine Blamage ersparen wollte. Vielmehr steht die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens auf dem Spiel.
Wie sollen denn Wahlen im Donbass gelingen, wenn Kiew nicht einmal in der Lage ist, diese in den von ihr kontrollierten Gebieten sicherzustellen? Der Urnengang soll am 15. November nachgeholt werden. Ob das klappt, ist zweifelhaft. Doch unabhängig davon bleibt: Kiew muss nachbessern, und zwar sofort!
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