Barbara Dribbusch über die Zuwanderungsstatistik: Die Bilderflut trügt
Die Chinesen zum Beispiel, diese Zahl hat überrascht, sagt ein Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes angesichts der neuen Zuwanderungsstatistik. Die Zahl der chinesischen Migranten in Deutschland ist seit vier Jahren deutlich gestiegen, 108.000 ChinesInnen leben jetzt in Deutschland. Das sind mehr als die Syrer, von denen 72.000 Leute in Deutschland wohnen, Tendenz steigend.
Für die Chinesen interessiert sich kaum einer, sie gelten als anpassungsfähig und unauffällig. Es sind die Bilder in unserem Kopf, die die Wahrnehmung von Migration prägen. Im Umgang mit den Afrikanern etwa herrscht derzeit Aufregung, obwohl zwischen 2011 und 2014 nur 50.000 Afrikaner im erwerbsfähigen Alter nach Deutschland gekommen sind. Was wenig ist angesichts dieses riesigen Kontinents. Aber die Bilder von jungen schwarzen Asylbewerbern, die was abhaben wollen von unserer inneren Sicherheit, unserer Wirtschaft, unserem Sozialstaat und die dafür ihr Leben riskieren – das führt zu Scham, Angst und Abwehr.
Die Migrationsströme wandeln sich und damit auch die Bilder in unserem Kopf. Wer erinnert sich etwa noch an das Schreckensbild des „Billig-Polen“, der mit Schwarzarbeit und Dumpinglohn angeblich das deutsche Handwerk kaputtmacht? 1,3 Millionen Polen leben inzwischen in Deutschland, ohne sie würde die Altenpflege und die Bauwirtschaft zusammenbrechen. Auch das Schreckgespenst der Rumänen, die mit der EU-Freizügigkeit angeblich massenweise Sozialleistungen abgreifen wollen in Deutschland, hat sich aufgelöst. So einfach ist das mit den Sozialleistungen für EU-Bürger dann doch nicht.
Rund 9 Millionen arbeitsfähige Zuwanderer leben hier. Sieben Prozent von ihnen sind einmal als Flüchtlinge und Asylbewerber nach Deutschland gekommen. Die angebliche „Asylantenflut“ ist eine „Flut der Bilder“ in unserem Kopf. Das wird so leicht verwechselt.
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