Barbara Dribbusch über Altersvorsorge und Jugend: Recht auf eigene Zeitlichkeit
Die Jugend soll eine Menge leisten: Schulabschluss, Ausbildung, Karriere, Auslandserfahrung, Persönlichkeitsbildung, Partnersuche. Und dann auch noch an die eigene Altersvorsorge denken, sparen, bei niedrigstem Zinsniveau. Wahnsinn.
Daher ist es nur verständlich, wenn junge Menschen jetzt seltener Geld für die Altersvorsorge zurücklegen als noch vor einigen Jahren. Das ergab eine Befragung von Infratest Sozialforschung. 35 Prozent der befragten 17- bis 27-Jährigen sparen für ihre Versorgung im Alter. Vor sechs Jahren waren es etwas mehr. Mit Besorgnis kommentierten Experten der privaten Hertie School of Governance das Ergebnis: Die Jugend werde nachlässiger bei der Altersvorsorge.
Vielleicht machen die Jungen auch alles ganz richtig. Denn in den letzten Jahren stieg auch der Anteil der jungen Leute, die ihr Geld für Bildung und Reisen ausgaben, „viel Spaß“ im Leben erwarteten und sich gesellschaftlich engagierten. Auch das zeigte die Befragung. Wie man aus den Studien von glücklichen Hochbetagten weiß, die ihr Leben rückblickend beurteilten, war es entscheidend für deren Lebensglück, dass sie die Gegenwart genießen konnten, sich nicht reinreden ließen bei der eigenen Lebensgestaltung und sozial eingebunden waren. Auch Dankbarkeit empfinden zu können spielte eine große Rolle.
Auch heute leben junge Leute offenbar in der Gegenwart und rechnen sich gute Chancen im Beruf aus. Sie sind umworben, dafür sorgt schon der demografische Rückgang. Der hiesigen Wirtschaft geht es gut, die Bereitschaft auszuwandern ist bei der Jugend laut Studie rapide gesunken. Nicht zuletzt die Flüchtlingszuwanderung hat die globale Armut sichtbarer gemacht und damit inländische Maßstäbe verschoben.
Die Altersvorsorge mag für Alte und rentennahe Jahrgänge eine große Rolle spielen, aber für 25-Jährige noch nicht. So viel eigene Zeitlichkeit muss man den Jungen zugestehen.
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