piwik no script img

Barack Obama vor einer WahlschlappeAmerika, wie bist du undankbar!

Heute sind Kongresswahlen in den USA, eine Abstimmung auch über Obamas erste Amtsjahre. Er hat viele Versprechen eingelöst. Sein Problem: Es hat keiner gemerkt.

Wird dieses Mal nicht gewinnen: Barack Obama. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Washingtons Hauptbahnhof, die Union Station, ist bekannt für seine vielen Verkaufsstände mit politischen Andenken. Rechts oder links, hier wird verkauft, was Käufer findet.

Noch vor zwei Jahren war dieser Bahnhof voll mit Obama-Devotionalien, das Konterfei des frisch gewählten Präsidenten war ein Verkaufsschlager. Davon ist heute nichts mehr zu finden. Stattdessen hängen T-Shirts an den Ständen, von denen ein verschmitzt grinsender George W. Bush herabblickt und fragt: "Vermisst ihr mich schon?" Nur ein T-Shirt hat überlebt, das auch schon zu Bushs Zeiten ein Dauerläufer war: "Ich liebe mein Land", steht da, "es ist die Regierung, vor der ich Angst habe."

Obamas Image hat sich gewandelt, die Kritik von rechts bestimmt den politischen Diskurs. Und das wird sich bei den "midterm elections" an diesem Dienstag, bei den Wahlen nach der ersten Halbzeit von Obamas Präsidentschaft, niederschlagen. Zwar verbreiten die Demokraten bis zuletzt Hoffnung. So sagte Parteichef Tim Kaine noch am Wochenende, er sei zuversichtlich, dass es seiner Partei gelingen werde, die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses zu behaupten.

Doch die Umfragen der letzten zehn Tage vor der Wahl sind für die Demokraten immer schlechter geworden. Das konservative Wall Street Journal sprach sogar davon, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus 70 Size hinzugewinnen könnten - 39 Zugewinne brauchen sie, um die Mehrheit zu übernehmen. Und selbst im Senat scheint die demokratische Mehrheit nicht mehr sicher. Die jüngsten Zahlen halten ein Patt im Senat für möglich. In diesem Fall würde Vizepräsident Joe Biden die entscheidende Stimme zufallen.

Allenthalben gilt diese Wahl als Abstimmung über die bisherige Amtsführung des vor zwei Jahren so furios ins Amt gewählten Barack Obama. Ein gutes Zeichen für die Demokraten ist das nicht, überwiegt doch seit Februar dieses Jahres in den Umfragen der Anteil jener, die mit seiner Amtsführung nicht einverstanden sind. Genau zu dem Zeitpunkt also, als die Debatte über die Gesundheitsreform auf dem Höhepunkt war, verlor der Präsident die Unterstützung der Öffentlichkeit.

Dabei hatte Obama zu diesem Zeitpunkt etliches erreicht, immerhin hatte er inmitten einer der schwersten Wirtschaftskrisen die Amtsgeschäfte übernommen. Ohne den "Stimulous Bill" etwa, das 787 Milliarden Dollar schwere Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft, das Obama am 17. Februar 2009 unterzeichnete, wären heute nach Schätzungen von US-Ökonomen rund 1,2 Millionen Menschen mehr arbeitslos, die Quote läge bei 10,8 Prozent anstatt, wie gegenwärtig, bei 9,6 Prozent.

Und niemand bestreitet, dass die Automobilkonzerne General Motors und Chrysler ohne den Eingriff von Obamas Wirtschaftsteam das Jahr 2009 vermutlich nicht überlebt hätten. Anerkennung dafür bekommt Obama jedoch nicht - selbst General Motors verteilt seine Wahlkampfspenden gleichmäßig an Republikaner und Demokraten.

Von seinen 501 Wahlversprechen, so ermittelte die mit dem Pulitzerpreis für Recherche ausgezeichnete Webseite Politifacts.com, hat Obama 122 gehalten, die Realisierung weiterer 236 ist in Arbeit, bei 41 wurden Kompromisse erzielt, 82 Vorhaben sind festgefahren und lediglich 22 Wahlversprechen wurden rundheraus gebrochen - darunter auch jenes, in die Gesundheitsreform die Möglichkeit einer staatlichen Versicherung in Konkurrenz zu den privaten Versicherern einzubauen. Obamas Gegner im Kongress hatten dieses Versprechen sterben lassen.

Wenn also die Regierung Obama im Wesentlichen ihre Versprechen eingelöst hat, dann deuten die schlechten Umfragewerte auf ein enormes Kommunikationsproblem hin. Ausgerechnet Barack Obama, der große Wahlkämpfer und begnadete Redner, hat es nicht geschafft, einen Diskurs aufrechtzuerhalten, der die Koalition aus linksliberalen, klassischen Demokratenwählern, Hispanics, Schwarzen und ausreichend Wechselwählern, die ihn ins Weiße Haus gebracht hat, einbezieht und ihm die Treue hält.

Stattdessen hat er in seinem ersten Amtsjahr nichts unversucht gelassen, um im Kongress überparteiliche Zusammenarbeit zu organisieren - und ist daran grandios gescheitert. Lediglich die eigene komfortable Mehrheit der Demokraten hat dafür gesorgt, dass der 111. US-Kongress mehr Gesetze auf den Weg gebracht hat als die meisten anderen vor ihm.

Allerdings: Die engagiertesten der eigenen Kernwählergruppen sind vernachlässigt. Friedensbewegte Demokraten verabscheuen die Truppenaufstockung in Afghanistan. Menschenrechtler kritisieren die Fortführung der Militärtribunale gegen mutmaßliche Terroristen und das Weiterbestehen von Guantánamo, Schwule und Lesben vermissen sowohl die Aufhebung der "Don't ask, don't tell"-Gesetze, die ihnen den Militärdienst vorenthalten, als auch die angekündigten Initiativen zur Gleichbehandlung homosexueller Paare beim Adoptionsrecht. Die Organisationen der Hispanics in den USA warten noch immer auf die angekündigte Reform der Einwanderungsgesetzgebung, die Obama eigentlich im ersten Amtsjahr auf den Weg bringen wollte.

Einige von ihnen rufen dennoch zur Wahl der Demokraten auf. Gustavo Torres zum Beispiel, der Sprecher der Organisation "Casa en Acción". Der sagt: "Wir wollen nicht noch so ein Gesetz wie das in Arizona." In dem republikanisch regierten Bundesstaat gelten seit April verschärfte Regeln zum Aufspüren illegal im Land lebender Einwanderer. Die Obama-Regierung geht gegen das Gesetz juristisch vor.

Doch den Diskurs bestimmen ganz andere Leute. Und in dessen Mittelpunkt stehen die zunächst von der Tea-Party-Bewegung vorgetragene und inzwischen vom republikanischen Mainstream übernommenen Vorwürfe, Obama habe die Staatsausgaben drastisch erhöht, verlange höhere Steuern und treibe das Defizit in ungeahnte Höhen. Das hat zwar mit den Fakten wenig zu tun - in Wirklichkeit hat die Obama-Regierung insgesamt 116 Milliarden Dollar Steuererleichterungen für Einkommen unter 250.000 Dollar im Jahr verabschiedet, die allermeisten US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner zahlen heute weniger Einkommenssteuern als zuvor.

Das aber hat, wie eine Umfrage der New York Times kürzlich zeigte, niemand bemerkt. Selbst Menschen, die beim Nachprüfen ihrer Kontoauszüge feststellten, dass sie weniger Steuern bezahlt haben, waren zunächst fest davon überzeugt, die Steuern seien gestiegen. Und das Defizit, das in den acht Jahren Bush-Regierung tatsächlich von einem Surplus zu einem Rekorddefizit gewachsen war, ist im letzten Finanzjahr sogar leicht gesunken.

Diskurs besiegt Fakten - das ist die eigentliche Bilanz der bisherigen Amtszeit Obamas.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

24 Kommentare

 / 
  • Q
    Querulant

    Die Obama-Manie hierzulande war und ist einfach nur peinlich und naiv. Als ob sich an der grundsätzlichen (Außen)-Politik etwas ändern würde...

  • S
    Sonja

    Lieber GEORG,

     

    ich habe sicherlich nicht behauptet, dass Obama eines der von dir aufgeführten Versprechen erfüllt hätte. Er hat ein bißchen was versucht, ist aber einfach ausgebremst worden und hat wohl auch Angst vor seiner eigenen Courage. Die Amis sind nun einmal sehr Kriegs- und Waffenfixiert, das kommt auch ein Obama nicht gegen an. (Zumal er selbst in dieser Tradition groß geworden ist und das Prinzip Stärke durch Waffengewalt wohl verinnerlicht hat)

    Nee, meine Kritik richtet sich gegen dieses "Misstrauen gegen den Staat", was beinhaltet, dass staatliche Reglementierung über Steuern und Verordnungen immer Scheiße ist, und sich alles schon selbst regelt, wenn den Dingen ihren Lauf gelassen wird. (Schließlich sind die Milliardäre bereit zu spenden, nich wahr?) Das ist die gute alte amerikanische Ellenbogen-vor Politik, der in Stefans Beitrag das Wort geredet wird.

    Aber es stimmt auch, die Amies und ihre Mentalität und Politik sind mir gewissermaßen ein Buch mit sieben Siegeln. Und ich habe weder das Bedürfnis da zu leben, noch da Urlaub zu machen, bedaure nur, dass dort jeder Idiot mit Geld Präsident werden kann und dann einen enormen Einfluss auf das Weltgeschehen ausübt.

  • P
    P.Haller

    Mann, denninger, krieg dich wieder ein !!

    Du hast ja recht, der US-Amerikaner ist natürlich nicht immer Pkt.1-5.

    Aber immer öfter !

  • B
    Britt

    Ein solch` "undankbares" Wahlvolk wird sich vermutlich in so gut wie jedem Land finden, das momentan wirtschaftlich so gebeutelt ist wie die USA. :-) Man wird den Gedanken nicht los, dass sich hier jemand am liebsten ein neues amerikanisches Volk wählen möchte. Kann die taz ihren Amerika-Berichterstattern nicht einmal ein paar Bildungsgutscheine spendieren? Manche Überschriften sind hier wirklich von unterirdischer Qualität.

  • A
    Anonymouse

    Der link im Artikel sollte eigentlich http://politifact.com sein (ohne s am Ende)

  • D
    denninger

    Oh ja, da brüllen sie wieder, die profunden USA-Kenner("Man hat ja früher Donald Duck gelesen und geht öfters ins Kino und schaut sich auch die Vorabend-Soaps an").

    Klar, der US-Amerikaner ist immer:

    1. dumm

    2. protestantisch-fundamental religiös

    3. rassistisch

    4. arrogant

    5. kriegslüstern

     

    Habt Ihr Kleingeister noch mehr solche Schemata in Eurem Weltbild?

    Euer geistiger Horizont reicht doch nicht mal bis zum Badezimmerspiegel in welchem Ihr Euch selbstkritisch betrachten könntet.

  • C
    Celsus

    Die Demokratie in den USA ist in der Hinsicht weniger ausgeprägt, als da nur zwei sehr reiche Personen gegeneinander antreten können, die sich eben einen solchen Wahlkampf von Hasu aus leisten können. Die Politik sieht sich dann meist sehr ähnlich. Und all das, was bei Obama aufgezählt wird, werden seine Vorgänger und seine Nachfolger mutmaßlich genau so machen.

     

    Bleibt nur eine Kleinigkeit, die ein Novum ist: Obama führte die gesetzliche Krankenversicherung gegen alle erbitterten Widerstände der massiv interessierten Versicherungsgesellschaften ein und machte sich damit erbitterte und reiche Feinde.

     

    Und trotzdem hat er es richtig gemacht. Es ehrt ihn, dass er das Projekt in Angriff nahm, obwohl er den innenpolitischen Ärger dann kommen sehen musste. Vielleicht vertraute er aber auch darauf, dass das Gute immer siegt. Wenigstens aber wird diese Tat auch nach seinem Amtsende noch Auswirkungen haben.

  • V
    vic

    Denen am Boden ist egal wie der heißt, der die Bomben wirft.

    Es geht bei dieser Wahl um Innenpolitik, am globalen Machtanspruch der USA wird kein Präsident etwas ändern.

  • U
    Utopisst

    Obama ist ebenso eine Puppe des militärisch-industriellen Komplexes wie es Bush war. Seine Berater rekrutieren sich fast ausschließlich aus den Reihen der Wallstreet Elite.

    Und alle wichtigen Versprechen, nämlich solche die eine Zügelung des Finanzimperialismus, eine Gleichberechtigung unterprivilegierter Schichten oder eine Einschränkung der in meinen Augen völkerrechtswidrigen militärischen und geheimdienstlichen Aktionen der USA betreffen - wurden NICHT eingehalten.

     

    Ein besonderes Bonbon: vor wenigen Tagen setzte Obama das Gesetz zur Ächtung von Nationen, die Kindersoldaten rekrutieren aus. Und zwar für die Länder, die die USA als Verbündete betrachten.

     

    Nein, ich glaube auch nicht, dass Palin besser wäre. Sie wäre ebenso ein Püppchen der Eliten.

     

    Was Amerika braucht, was alle Nationen heute brauchen, ist eine zivile Revolution.

     

    Für den Frieden! Für die Freiheit! Für die Gleichberechtigung! Für die Menschen!

     

    Nieder mit der unheiligen Allianz von Wirtschaft und Politik!

  • G
    Georg

    SONJA - leider verstehst Du so gar nix von Amerika.

    Du kapiesrt einfach das System dort nicht, das so ganz anders funktioniert als das deutsche - oder soll schon wieder am deutschen Wesen die Welt genesen? Du solltest mal erleben, wie selbst viele Demokraten sagen, dass sie heute nicht wählen gehen, weil die Ernüchterung so groß ist.

     

    Die Liste:

    Guantanamo abgeschafft? Nein!

    Banker an die Leine gelegt? Nein!

    Wirtschaft ans Laufen gebracht? Nein!

    Finanzsektor strukturiert? Nein!

    In Afghanstan abgerüstet? Nein! Aufgerüstet !!!

    Irakkrieg beendet? Jein. Zwar schnell noch vor den Kongresswahlen "offiziell" für beendet erklärt (für Leute wie Dich), aber noch immer kämpfen dort 50.000 GI`s, ganz real ...

    Krankenversicherung durchgesetzt? Ja, aber nicht so, wie er es einst versprach.

    Zuviele Neins! Das ist die unbequeme Wahrheit.

     

    Dafür wird er abgewatscht und Sarah Palin freut sich mit ihren republikanischen Teetrinkern. Und?

    Der nächste Präsident in 2012 heisst: Obama!

  • P
    phil

    "selbst General Motors verteilt seine Wahlkampfspenden gleichmäßig an Republikaner und Demokraten."

     

    das is doch absolut gut so!!!

    was würdet ihr denn schreiben, wenn es irgendwie ungleich verteilt würde. oder wenn obama den firmen nur helfen würde, die für ihn/demokraten gespendet haben???

     

    mal wieder nur polemischer populismus der taz.

  • P
    Präsidentenschnecke

    Der größte Fehler von Herrn Obama ist bisher KEINEN weiteren Krieg begonnen zu haben. Damit kommt man in den USA schlecht an.

  • NG
    nitraM G.

    ..."Er hat viele Versprechen eingelöst. Sein Problem: Es hat keiner gemerkt"...

     

    Dazu möchte ich einen nicht ganz ernst gemeinten Beitrag aus einem Lied der (US-Amerikanischen) Band Mucky Pup einfügen, welches das Klischee vom ungebildenten US-Amerikaner bedient.

    Viel Spass:

     

    "I got a short attention span,

    cause I am an american

    must be something in the air,

    fast food, TV, I don't care

     

    home of the big cars, home of the soft minds

    just the thing, that I despise

    the kids can't read, and the kids can't spell

    I'm telling you mom this place is going to hell

     

    America is the drive-thru nation

    everybody's got their own television station

     

    I come from the, velvetta generation

    keep it simple, cause I can't deal with complication"...

  • S
    Sonja

    Stefan,

     

    ich hab einen guten Tip für dich: Wenn du einen Staat willst ohne staatliche Reglementierung und ohne Finanzamt : Geh doch in die D. R. Kongo! Oder wie wärs mit dem Sudan? Prima Plätze für jeden, der den Staat als ordnende Kraft ablehnt.

     

    Und findest du auch, dass Sarah Palin von einem "gesunden Immunsystem des amerikanischen Volkes" getragen wird?

  • KF
    Öko Fritz

    Es muss eine Bewußtseinänderung in den Industrieländern passieren, da es uns sonst breit erwischt:

     

    Wir verbrauchen seit ca 200 Jahren Energie, die über Millionen Jahre in Kohle und Öl gespeichert wurde.

    Die Ressourcen neigen sich dem Ende zu. Machtverhältnisse ändern sich weltweit!

     

    Deswegen werden Kriege geführt: Um Energie und bald auch Wasser!

     

    Ich glaube, dass Obama mit guten Absichten ins Amt ging, aber die Konfrontation mit den Tatsachen erwischt jeden eiskalt! - Zwingend notwendige gesellschaftliche Veränderungen sind unangenehm und unpopulär!

     

    Wer verzichtet freiwillig!

  • P
    P.Haller

    Ich wünsche diesem Volk von ganzem Herzen eine Sarah Palin als Präsidentin !!

    Denn das Niveau dieser Tante scheint ja american standard zu sein.

    Und bis dahin haben sowieso die Chinesen das Sagen und alle Welt kann dem gnadenlosen Untergang dieser Nation bei Fox News o.ä. zusehen.

  • A
    anke

    Wie gewonnen, so zerronnen.

     

    Der Fakt, dass in den USA regelmäßig der "Diskurs" (der wohl richtiger mit dem Begriff Propaganda zu bezeichnen wäre) die Fakten besiegt, hat Obama zum Präsidenten gemacht. Nun könnte er ihn also den Job kosten – und die USA, die sich gern als Land der Chance-Ergreifer feiern lassen, eine historisch einmalige Gelegenheit. Und warum das alles? Weil der durchschnittliche US-Amerikaner offenbar daran gewöhnt ist, Werbesprüche nicht all zu erst zu nehmen.

     

    Obamas "Yes we can!" war offenbar ein Irrtum, sein WIR ein rein virtuelles. Mit der Realität hatte es vor zwei Jahren so viel zu tun wie es heute zu tun hat damit: nichts. WIR hat Obama gesagt, ICH haben seine Wähler gehört. Ihren "Eigenanteil" wollen sie bis heute nicht zahlen.

     

    Nein, die USA haben kein Kommunikationsproblem. Sie haben ein Problem mit der Selbstwahrnehmung. Ihre Eigenwerbung verkauft ihnen den "Macher", den, der sein "Land" (was, bitte, soll das sein?) liebt und es doch nicht braucht, weil nämlich der stärkste am mutigsten alleine ist. In der Realität sind sie zwar alle auf ihren Staat angewiesen (diese, damit sie ihr "großes Geschäft machen" können, jene, damit sie nicht erfrieren oder verhungern), lieben allerdings können ihn weder die einen noch die anderen. Wie auch? Er erinnert sie ja permanent daran, wie weit ihr Selbstbild von der Realität abweicht.

     

    Wir Deutschen brauchen übrigens gar nicht so zu tun, als wären wir klüger. Wenn ich so lese, was unsere Medien für politische Berichterstattung und die Wähler für wahlentscheidend halten, wird mir ganz mulmig.

  • J
    jan

    die meisten kommentare hier sind das, was man den amerikanern immer vorwirft: ignorant und uninformiert.

    ich habe gerade einen längeren usa aufenthalt hinter mir, der mich vom tiefsten süden an die kanadische grenze spülte. es war nicht der erste. ein großartiges land mit unzähligen großartigen menschen. leider bestimmen den politischen diskurs eben jene 20 % verückte, die es nicht so mit konsens, kommunikation und kooperation haben. die medien (tv) übertreffen sich mit hysterie, ob nun links (msnbc) oder noch wilder auf der rechten überholspur (fox news), von ausgewogener berichterstattung sind beide weit entfernt. natürlich kommt einem bei glenn beck oder o'reily eher das essen hoch. bei schulz oder obermann kann man wenigstens mal schmunzeln. es ist aber bezeichnend, das ausgereichnet leute wie john stewart oder stephen colbert zur vernunft aufrufen.

    das politische klima ist vergiftet. obama hat viel erreicht. selbst umweltpolitisch (was ja immer gerne in europa vergessen wird). verbrauchsvorschriften für neuwagen und ein milliardenprogramm (selbst inflationsbereinigt teurer als seinerzeit das mondfahrtprogramm) zur förderung regenerativer energien.auch dafür muss er von rechts und von den libertären sehr viel kritik einstecken!!! er ist zwei jahre im amt und gilt bei vielen historikern schon jetzt als effektivster präsi seit FDR oder LBJ (innenpolitsch "Great Society"). und das trotz der sperrminorität (filibuster). wie hier im beitrag richtig erfasst, fehlt es an der fähigkeit diese siege eben an die wählerInnen zu kommunizieren. sollte das repräsentanten haus nun eine mehrheit der GOP bekommen, gute nacht obama. dann werden die restlichen punkte seiner agenda wirklich nicht umgesetzt. dass das die linke in den usa nicht versteht ist ein großes problem.

    mich macht es traurig, wenn ich sehe, wie dieses tolle land wieder nach rechts abdriftet und die menschen dort die fortschritte, die in den letzten 2 jahren gemacht wurden, einfach nicht zu würdigen wissen.

    die häme, die man hier in den beiträgen rauslesen kann, da fehlen mir einfach die worte. das soll also die stimme des linken, gebildeten europas sein???

  • F
    Freebird

    Ich für meinen Teil freue mich sehr für die Republikaner. Obama habe ich nie getraut. Also, lass den Tzunami anrollen!

  • K
    Katev

    Obama hat mehr Wert darauf gelegt mit den Repulikanern auszukommen als seine linken Unterstützer zufrieden zu stellen. Das ist die typische Vorgehensweise aller demokratischen Präsidenten. Jedesmal weiß die Rechte das nicht zu schätzen (wieso sollte sie auch?) und nutzt die Unzufriedenheit über die Kompromisse, die keinen richtig befriedigen, für sich aus, während die Linken sich enttäuscht abwenden, sodass die Niederlage vorprogrammiert ist. Es ist immer dasselbe Muster.

  • IB
    ich bin kein fan von obama

    ...aber er hat wirklich viel getan, was ihm jetzt nicht angerechnet wird.

    im amerikanischen wahlkampf gehts es nicht um das politische, sondern einzig und allein darum, die wähler mit den bescheuertsten mitteln für sich zu gewinnen. weil das amerikanische volk weitestgehend unpolitisch lebt und sich lieber bequem am fernseher berieseln lässt.

    ich bekomme angst, wenn ich mir überlege, dass nochmal jemand wie g.w. bush ins amt des mächtigsten menschen der welt gewählt wird. da ist obama allemal das kleinere übel.

  • O
    Obama-Fan

    Naja, Bush und Reps haben den Staat und sein Ansehen ruiniert, daraufhin haben die Amis dann doch mal jemand anders gewählt, war ihnen dann doch "too much", aber zwei Jahre später ist alles schon wieder vergessen, und man wählt die kreischende Freakshow der Teebeutel, weil, uh, ähm, die so tolle Konzepte haben, und Obama ein Moslem ist. Lol. Was für ein tristes, kaputtes Land.

  • W
    Wladimir

    Also die Wähler sind doch nicht blöd, zum einen Guantanamo steht immer noch, zweitens die Bänker haben wieder volle Taschen und Millionen Amis werden aus ihren Häusern rausgeworfen, die Gesundheitsreform wird ein Traum bleiben. Was soll man da noch von einem "Friedensnobelpreisträger" halten, der die Welt nicht verändert hat, was er versprach. Ist doch nur logisch, dass man ihn die Liebe entzogen hat, er hat sie auch nicht verdient. Nach der Wahl hat er dann keine Mehrheit und schafft nix mehr. Falsche Propheten gabs immer wieder. Leider strebt Aberika unaufhaltsam in noch ein größeres Fiasko, oder kann sich einer schon vorstellen wie die Palin Präsidentin wird.... - das wird oberlustig, dann wird die dortige Gesellschaft völlig verblöden und wir kriegen noch dümmere Sendungen aus Amiland nach ihrem Vorbild, wie schon heute. Dann wird DSDS für uns wie das Literarische Quartett erscheinen... Onkel Sam auf LSD - hehe.

  • S
    Stefan

    Die Linken leben in ihrer eigenen Welt. Ich schätze die USA wegen ihrer Rolle als Weltpolizist und Weltausbeuter wenig - aber die Grundhaltung des Mißtrauens gegen den Staat - die find ich prima. Man sieht ja hier, wohin es führt, wenn der Staat zur Beute der Politiker wird.

    Obama zu entmachten zeugt von einem gesunden Immunsystem des amerikanischen Volkes.