Barack Obama und die Folterer: Befriedungsversuche für die CIA
Um die US-Geheimdienste nicht ganz zu verschrecken, wollen einige US-"Demokraten" auch unter Barack Obamas Führung ein "bisschen" Folter zulassen.
WASHINGTON taz Eines der Versprechen Barack Obamas im Wahlkampf war, der Folter von Terrorverdächtigen durch US-Sicherheitsbeamte ein Ende zu bereiten. Noch sitzt Obama nicht im Weißen Haus, doch schon wird deutlich, dass selbst ein so einfach zu bejubelndes Wahlversprechen schwerer einzulösen sein wird als gedacht.
Auf welcher Grundlage werden die US-Geheimdienste in Zukunft verhören dürfen? Natürlich auf der des "Armee-Feldhandbuchs", dachten bislang alle. Das Handbuch verbietet gemäß internationaler Abkommen Befragungstechniken, die der noch amtierende US-Präsident George W. Bush und seine Mitarbeitenden jedoch für angemessen hielten. Darunter das sogenannte "water boarding",jenes berüchtigte simulierte Ertränken, das einen Gefangenen in Todesangst versetzt. Außerdem Einschüchterung mit Hunden, Säcke über den Kopf stülpen sowie sexuelle Demütigungen.
Nun aber ventilierten zwei führende Demokraten im Geheimdienstausschuss des Senats die Idee, dass es auch möglich sei, eine weitere, neue Verhöranleitung zusätzlich zu dem Armeehandbuch zu schreiben, die womöglich einen Teil dieser Praktiken doch weiterhin zulässt. Dieser Vorstoß der kalifornischen Senatorin Diane Feinstein und des Oregoner Senators Ron Wyden, so wird spekuliert, soll dem sich formierenden Widerstand in den US-Geheimdiensten entgegenkommen. Die Empörung auf Seiten von US-Menschenrechtsorganisationen ließ nicht lange auf sich warten.
Dass die kruden Rechtsinterpretationen Präsident Bushs durch Obama gestoppt werden, daran haben auch die Kritiker keinen Zweifel. Dazu benötigt der neue Präsident nicht einmal die Zustimmung des Kongresses, so dass er die von Bush gewährten Freiräume der CIA gleich zum Amtsantritt mit einem Federstrich für ungültig erklären könnte.
Doch was Obama gleich am 20. Januar, dem Tag seiner Amtseinweihung auf die Füße fallen könnte, sind die Rivalitäten der US-Geheimdienstszene. Just die Suche nach einem Nachfolger für CIA-Chef Michael Hayden geriet vergangene Woche zum ersten echten Patzer des Obama-Übergangsteams. Sein wahrscheinlichster Kandidat, John O. Brennan, selbst ein CIA-Veteran, musste sich selbst nach Protesten liberaler Kritiker von der Liste möglicher Anwärter streichen - im August hatte sich Brennan, wie Feinstein, in einem Interview offen für die Möglichkeit einer neuen Verhöranleitung gezeigt.
Obama, der Brennan lieber opferte als sich mit seinen progressiven Unterstützern anzulegen, steht nun vor der schwierigen Aufgabe, einerseits klar mit der Bush-Ära zu brechen, andererseits die CIA nicht gegen sich aufzubringen. Deren Mitarbeitende, berichteten US-Medien, seien in erhöhtem Alarmzustand über die Frage, was die Grundlagen ihrer Rechte im Kampf gegen den Terror seien. Die CIA hatte sich in der Vergangenheit zudem stets dagegen ausgesprochen, bestimmte Befragungsmethoden öffentlich zu diskutieren, da dies Terroristen erlaube, sich entsprechend zu präparieren.
Obama, so Beobachter, werde es schwer fallen, einen Kandidaten zu finden, der gleichzeitig das Vertrauen der CIA und des linken Flügels der Demokraten genieße. Streitpunkte dürften nicht nur die Befragungstechniken werden, sondern auch die Überstellung von Terrorverdächtigen an Länder, in denen gefoltert wird und die geheime Inhaftierung Verdächtiger. Im Wahlkampf hatte Obama angekündigt, der CIA weiterhin erlauben zu wollen, Verdächtige in Gefängnissen außerhalb der USA festzuhalten, allerdings werde er darauf bestehen, versprach er, dass diese Gefängnisse von Inspektoren des Roten Kreuzes besucht werden können.
Am Freitag nahm der Supreme Court den Fall des qatarischen Staatsbürgers Ali al-Marri an, der seit 2003 unter Terrorverdacht ohne Anklage in den USA inhaftiert ist - als einziger solcher Gefangener auf US-Gebiet. Die übrigen Verdächtigen werden in Guantánamo auf Kuba festgehalten. Der Oberste Gerichtshof kündigte in dem Fall eine Grundsatzentscheidung über die Vollmacht des US-Präsidenten an, Al-Qaida-Verdächtige ohne Anklage und auf unbestimmte Zeit in den USA zu inhaftierten. Das Urteil wird für kommenden Juni erwartet. Obama hat bislang nicht erklärt, wie er sich im Fall Al-Marri verhalten wird, wohl aber, Guantánamo schließen und die dortigen Verdächtigen vor US-Gerichte stellen zu wollen.
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