: Bannstrahl gegen Zelluloid-Rushdie
■ In „International Guerillas“, einem pakistanischen Erfolgsthriller, ist der Verfasser der „Satanischen Verse“ Alkoholiker, Folterknecht und Anführer einer weltweiten jüdischen Verschwörung gegen den Islam. Allah schleudert tödliche Blitze gegen den Ketzer. Der richtige Salman Rushdie protestiert nun gegen das Verbot des antisemitischen Machwerks
Großbritannien verbietet Film über Allahs Rache an einem Ketzer
Von Doppelmoral sprechen Großbritanniens Muslime, Salman Rushdie von einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Nicht nur die islamische Ideologie speißt sich aus dem Widerspruch zwischen Verbotenem und Erlaubten - am Wochenende hat die Britische Kommission für Filmzensur die pakistanische Superproduktion International Guerillas verboten. Damit folgte sie einem Ratschlag Scotland Yards. „Die Zensur (...) ist nicht das Resultat irgendeiner legalen Prozedur, sondern der Furcht, daß dieser Film gegen das Gesetz verstoßen könnte“, erklärte Rushdie in einem Kommunique, daß der Sprecher des „Verteidigungskomitees Salman Rushdie“ am Sonntag verlas.
Die Kommission hatte ihren Entscheiddamit begründet, daß der Film verbrecherische Diffamierungen enthalte und somit britisches Recht verletze. James Ferman, der Direktor der Kommission, räumte in einem Brief an Mohammes Fayyaz, Inhaber der Weltrechte des Dreieinhalb-Stunden-Epos, jedoch ein, daß eine Veröffentlichung des Films denkbar wäre, wenn nur der Name Salman Rushdies verändert und alle Reden, in denen sein Tod gefordert wird, gestrichen würden. Der Film setzt Rushdie als drallen Psychopathen in Szene, dem es gefällt, seine moslemischen Rächer zu foltern, indem er ihnen Bänder der Satanischen Verse vorspielt. Doch am Anfang allen Übels steht ein jüdisches Komplott gegen die Vorherrschaft des Islam, das sich gegen Pakistan, den islamischen Staat ex origine, richtet.
Jüdische Verschwörer sind es auch, die laut Drehbuch die Schüsse pakistanischer Polizeikräfte auf Anti-Rushdie -Demonstranten provozieren, denen im Spätherbst 1988 in Islamabad fünf Menschen zum Opfer fielen. Wenig später sprach der iranische Ayatollah Chomeini seine Fatwa gegen den seither hinter Mauern lebenden Rushdie aus.
Bei der Entscheidung der ZensurKommission sollen jüdische Kreise eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Vertreter der jüdischen Gemeinde, namentlich Greville Janner, Abgeordneter von West Leicester und prominenter Verfechter jüdischer Angelegenheiten, haben sich für das Verbot stark gemacht, nicht nur weil Rushdie zu guter Letzt vom Blitzschlag Allahs ereilt wird, vielmehr noch, weil seine jüdische Leibwache an der Ermordung aufrechter Muslime beteiligt ist. Max Maddan, Labour-Abgeordneter von Bradford, warnte hingegen, daß eine Zensur viele Muslime empören dürfte, die selbst kein Recht hätten, mit ihrer Zensurforderung vor Gericht zu gehen. Tatsächlich ist die Filmzensur, ohne das gleichzeitige Verbot der Satanischen Verse in den Augen moderater und fundamentalistischer Moslems scheinheilig und Ausdruck moslemfeindlicher Politik. Mohammed Siddique, Präsident der Muslimischen Jugendbewegung von Bradford, befürchtet, daß der Film wie schon die Satanischen Verse Gewalttätigkeiten provozieren könnte und plädiert für die Zensur beider Werke.
Zur antisemitischen Propaganda des Streifens erklärte Siddique: „Moslems sehen sich derzeit einer großangelegte internationale Konspiration gegenüber.“ Und sie seien geneigt, dahinter jüdische Anstifter zu vermuten, da „der Koran in Palästina durch israelische Sicherheitskräfte geschändet“ werde.
Mark Fischer, Kulturminister des Londoner Schattenkabinetts, äußerte hingegen seine Zweifel an der Zensur: „Damit werden wir dem Problem nicht gerecht - selbst wenn das Gezeigte noch so widerwärtig erscheint.“ In diesem Sinne wendet auch Ian McEwan aus dem Kreis der Rushdie -Freunde ein, daß das Verbot den Film erst recht zur heißen Ware macht.
Der in Großbritannien lebende Schriftsteller und Drehbuchautor Hanif Kureishi kritisiert die Zensur: „Ich habe gehört, der Film sei lächerlich. Er entlarvt die Hersteller als niveaulos und rachsüchtig, schon deshalb sollte man ihn zeigen.“
Sl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen