Bambule auf der Leinwand

Als Ulrike Meinhof 1970 ihr Filmdebüt Bambule nannte, konnte sie von alldem noch nichts wissen. Ihr Streifen schilderte einen Aufstand in einem Berliner Erziehungsheim. Dreißig Jahre später ist „Bambule“ in Hamburg, weil ein Bauwagenplatz im Karolinenviertel den gleichen Namen trug. Am Mittwoch hatten im 3001 die Filme Schillernde Zeiten (Regie: Skrollan Alwert) und Bambule in Hamburg (Regie: Stefanie Platen und Timo Selengia) Premiere, die genau das dokumentieren wollen.

Bambule in Hamburg orientiert sich stark am Schicksal der Bauwagenbewohner. Der Film beschreibt ihr alltägliches Leben vor der Räumung und die Proteste, die genauso alltäglich wurden, nach der Räumung. Es wird gezeigt, wie idyllisch das Leben ohne Staffelmiete und Maklergebühren sein kann, wie Menschen zwischen anonymen Großstadtschluchten autonome Kleingärten gründen, bepflanzen und kultivieren, was das also heißen kann, „anders leben“.

Schillernde Zeiten ist im Besten Sinne 60 Minuten Hamburger Kulturprogramm, der Film gewordene Schulterschluss zwischen den Bambulis, Lindenbergs, Strombergs und St. Pauli-Fans dieser Stadt. An seine Grenzen stößt der Film allerdings, wo er den private Lebensstil eines guten Dutzend Menschen zum Politikum zu machen sucht, und noch die blank geputzte Bauwagentoilette deren Integrität beweisen soll.

Die Chronik der in diesem Winter aufkeimenden Demokultur und Widerstandsbewegung, von „Bambule“ über „Schill muss weg“ bis zu „Regierung stürzen“ gelingt beiden Filmen beeindruckend und bewegend. Doch ein bisschen komisch mutet es schon an, wenn die Demo-Familie zwischen Popcorn und Cola im Cinema hockt und auf der Kinoleinwand nach Schnappschüssen für das Familienalbum sucht. Denn welche Verve hat diese Protestbewegung dann noch? Genug gemeckert. In Zeiten, in denen die Kommunikationsmittel einer subversiven Bewegung gleichzeitig bei MTV und Marxistischer Gruppe gut ankommen müssen, um eine Wirkung zu entfalten, sind diese vermutlich genau die richtigen Filme im falschen Leben.

Markus Flohr

weitere Aufführungen: morgen, 13.30 Uhr, 3. + 5. März, 18 Uhr, 3001