: Bambi-Gandhi-Zombie
■ taz-Serie 2. Folge: Jürgen Fabritius, Leiter des Zeise-Kinos, und sein erfolgreiches Konzept anspruchsvoller Unterhaltung
Mit grauhaariger Sturmfrisur sitzt Jürgen Fabritius in seinem kleinen, aufgeheizten Büro und schaut die Fragenstellerin durch seine Brillengläser eher gelangweilt an. Dabei ist das Thema, um das es geht – seine Vergangenheit –, alles andere als langweilig. Denn der mittlerweile 42jährige Kinochef mit Ambitionen auf die Erweiterung seines kleinen Imperiums wollte mal Popstar werden. Und seine ehemalige Band, Element of Crime, gibt es immer noch, sogar mit ein wenig Erfolg – inzwischen!
Zu seiner Zeit war das anders. „Hätte ich jemals mit Musik genug Geld verdient, wäre ich nie in die Kinobranche gerutscht“, sagte er. Da der Saxophonist Fabritius für das Wohl seiner Familie sorgen mußte, tauschte er die Unmittelbarkeit eines Konzertpublikums mit der finanziellen Sicherheit eines Programmchefsessels.
Das Zeise-Kino ist nach der Ufa-Fabrik in Berlin das zweite Kino, dem er seine Handschrift aufprägt. Seit 30 Jahren tummelt er sich im „Kulturgeschäft“ auf der organisatorischen Seite. Es gab für ihn jedoch immer die zwei „wesentlichen Bereiche: Musik und Film“. Selbst heute findet der Mann, der „gerne und oft“ Fernsehen guckt, noch Zeit für sein Instrument.
Das Zeise Kino ist, entgegen allen Anspruchsbekundungen der ersten Stunde, kein Kunstkino geworden. Dies ist Fabritius Kinovergangenheit gedankt. 20 Jahre lang kompensierte er als Jugendlicher die Verlorenheit im rheinisch-westfälischen Dorfidyll mit Kino. Als „sonntägliche Anstandsperson“ begleitete er die Schwester zu ihren Stelldicheins mit dem Filmvorführer in das leere Dorfkino. „Ich durfte dann, um den beiden eine gewisse Ruhe zu gönnen, Filme anschauen.“
Vielleicht gerade deshalb hat für ihn heute „Kino immer was mit Unterhaltung, mit Jahrmarkt zu tun, mit Ausgehen und Spaß haben“. Seine Vorstellung von gutem Kino zeigt sich in der trilogischen Harmonie von Bambi-Gandhi-Zombie. „Anspruchsvoll heißt für mich nicht, daß ich mir einen runterhole. Ich bin auch mit der Frankfurter Schule großgeworden“, betont er etwas flapsig, mit viril übereinandergeschlagenen Beinen. Die Phase des Autorenfilms sei für ihn jedoch eine der schrecklichsten Zeiten im Kino überhaupt gewesen.
Fabritius Programmkonzept hat dem Zeise-Kino in wenigen Jahren den Vizeplatz bei der Besucherstatistik beschert. Das Ottenser Lichtspielhaus wird auch die zwei Multiplexe zwischen Gänsemarkt und Dammtor nicht zu fürchten haben. Dennoch ist Fabritius nicht sorgenfrei. Denn trotz der Genehmigung für eine Erweiterung seines Kino auf der Leerfläche nebenan – um das es auch noch einigen Streit gibt – schafft die Stadt mit der Erlaubnis für ein weiteres Großkino an der Gasstraße/Behringstraße in Bahrenfeld eine Überkapazität, befürchtet Fabritius. Denn dieser Kinogigant wird mit 2.500 bis 3.000 Plätzen auf ein Einzugsgebiet von 20 bis 30 Quadratkilometern zugeschnitten sein. Dadurch sieht er die „kulturelle Mitte“ um die Friedensallee bedroht, nicht zuletzt, weil das Zeise-Kino dann zu mehr Kommerz genötigt wird.
„Das ist wie Spar und Aldi, wobei ich noch nicht einmal Spar sein möchte!“ Einem Ausverkauf des Viertels durch die Überhitzung der Kinobranche will er sich jedenfalls bärbeißig entgegenstellen.
Britt-Kristin Feldmann
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