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Balsamiertes Herz

Alba Berlin spielt mit dem MBC Weißenfels teilweise Katz und Maus und beendet mit dem 107:87-Sieg die Serie von zuvor sechs Niederlagen

von MARKUS VÖLKER

Erfolge von Alba Berlin waren fast schon eine Selbstverständlichkeit. Das Team gilt im deutschen Basketball als Gütesiegel, dessen Abdruck auf Siegerurkunden prangt. Verliert Alba hingegen, staunt alle Welt, dass der Abonnent auf deutsche Meistertitel auch schlechte Tage erwischen kann. Oder nach Verletzungen von Stammspielern ins Trudeln gerät. Da kann es schon mal passieren, dass eine Zeitung, gewöhnt an korbtechnische Vormachtstellungen, mit einer Schlagzeile wie „Zu dumm zum Siegen“ aufmacht. Ein Guru, der seinem Gefolge eröffnet, sterblich zu sein, dürfte wohl den gleichen Unmut ernten. Alba ficht aber eine Öffentlichkeit, die nach sechs Niederlagen in Folge die Contenance verliert, keineswegs an. Wie der 107:87-Sieg gegen den Mitteldeutschen BC am Sonntag Nachmittag vor 7.094 Zuschauern zeigte.

Einige Spieler, ob Henrik Rödl oder Mithat Demirel, hatten es ohnehin angekündigt, dass die Anhänger ihr altes Alba, das siegverwöhnte, unangefochten agierende, dominierende, in der Max-Schmeling-Halle zurückbekommen werden. Und tatsächlich spielten Garris & Co. vor allem in der zweiten Hälfte in der verbrieften Manier auf: vor Selbstvertrauen strotzend, als hätte es nie einen Vertrauensbruch gegeben.

Bis es allerdings so weit war mit dem Hervorkehren der alten Stärke, verging ein erstes Viertel, das an eine Fortsetzung der Pleitenserie denken ließ. Die Gäste aus Weißenfels führten mit 26:15 Punkten, und Trainer Emir Mutapcic beschlich eine Ahnung davon, dass sein Team die gute Trefferquote des Tabellenneunten an diesem Tag nicht werde verhindern können. „Wir hatten keine Verteidigungsstrategie gegen ihre Würfe“, sagte Mutapcic nachher, „aber ich habe meinen Spielern gesagt: habt Geduld, unsere Zeit wird kommen.“

Sie kam schon im zweiten Viertel, das Alba mit einer Ausbeute von 38:23 Punkten dominierte. Die Verteidigung wurde zusehens aggressiver. Dem MBC blieb zwar die gute Wurfquote erhalten, doch versuchten sie ihre Angriffe auszuspielen – eine Einladung an Berlins flinke Verteidigung. Die Bilanz der verqueren Strategie: 23 Ballverluste für Weißenfels (Berlin: 4). Und im Gegensatz zu Alba (67) versuchte sich der MBC nur 41-mal daran, auf den Korb zu werfen, entschieden zu wenig, um dem deutschen Meister in die Bredouille zu bringen, da Alba darüber hinaus auch noch die Lufthoheit unter dem Brett besaß.

„Wir hatten einen sehr guten Schusstag“, wusste MBC-Trainer Sabit Hadzic, „aber wir haben nicht die Verteidigung eines Jovo Stanojevic (Albas Center) unter den Körben drauf.“ Alba baute den Vorsprung kontinuierlich aus. Im letzten Viertel spielten sie mit den Mannen aus Sachsen-Anhalt teilweise Katz und Maus. Hadzic konnte nur noch vermerken, dass das Ergebnis in dieser Höhe nicht in Ordnung gehe: „Wir haben ja 30 Minuten guten Basketball gezeigt.“

„Das war ein sehr wichtiges Spiel für uns“, sagte Mutapcic nach Spielende einen vermeintlich banalen Satz, der aber nicht ohne war, denn: Mutapcic hatte nach der unglücklichen Niederlage gegen Skipper Bologna am Donnerstag gehörig „Angst, dass wir in unserer mentalen Reaktion nachlassen, dieses Spiel hat uns ins Herz getroffen“. Der Sieg gegen den Mitteldeutschen BC war demnach heilsamer Balsam auf das malträtierte Alba-Organ.

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