Baller-Bau schimmelt vor sich hin

■ Planungsfehler des Architekten führt in preisgekröntem Haus am Kreuzberger Fraenkelufer zu Schimmelbildung. Ein Mieter ist bereits gestorben, jetzt zahlt die Wohnungsbaugesellschaft fünf Millionen Mark fü

Es war etwas Besonderes für Maria Naß, in ein Haus des renommierten Architekten Hinrich Baller zu ziehen. 1991 richtete sie sich mit ihrer Familie am Fraenkelufer 38 ein. Doch die Freude über den Einzug in das preisgekrönte Haus der Internationalen Bauaustellung 1984 währte nur zwei Monate. Dann kam der Schimmel durch die Wände. Familie Naß wurde krank. „Wir hatten massive Atemwegserkrankungen“, sagt die dreißigjährige Mutter. In ihren Bronchien haben Ärzte Schimmelpilze nachgewiesen. Ihr Mann litt ohnehin an einer Atemwegsschwäche. Er starb im Dezember 1995 an einer Lungenentzündung.

Die Mieter der Baller-Wohnhäuser in Kreuzberg haben seit Jahren mit dem schwarzen Befall in ihren Wohnungen zu kämpfen. Der Hauseigentümer, die Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (GSW) hat den Fehler zunächst bei den Mietern gesucht. „Wir würden zu wenig lüften“, erinnert sich Maria Naß. Erst ein Gutachten ergab, die Schimmelbildung sei „auf Planungsfehler bei der Architektur zurückzuführen“, so GSW-Sprecherin Beatrice Kindler. Dadurch werde die Bildung von Feuchtigkeit begünstigt.

Für fünf Millionen Mark saniert die GSW jetzt den Komplex – ohne die Ursachen der Schimmelbildung abzustellen, fürchtet Vincent Frommel, Bewohner des Baller- Baus und selbst Architekt. „Bauphysikalisch ist das Haus eine Katastrophe“, sagt Frommel. Die geschwungenen Balkone seien die Verlängerung der Deckenplatten. Ein Markenzeichen von Hinrich Baller. Nur versäumte Baller damals, die Platten durch einen Dämmstoff voneinander zu trennen, damit die Kälte nicht ins Innere ziehen kann. Auch die Sanierungsarbeiten beheben dieses Problem nicht. „Wir müßten die Balkone dazu abnehmen, das ist aber ein unlösbares Problem“, sagt GSW-Projektleiter Ralf Händel.

Daß die Bauarbeiter nun die Oberseite der Balkone isolieren, ist für Frommel „völlig idiotisch“. Die Kälte werde durch die Unterseite ins Gebäude ziehen.

Architekt Baller dagegen beruhigt: „Punktuelle Schimmelbildung ist normal. Früher gab es dafür das Trockenwohnen.“ Daß die GSW noch keinerlei Ansprüche bei ihm angemeldet habe, sei ein Zeichen dafür, daß baulich nichts auszusetzen sei. Baller vermutet, daß die Bewohner zu wenig lüften. „Die haben Energiesparängste.“

Nach Angaben der Verbraucherzentrale kann Schimmelbefall in Wohnungen tatsächlich zur Schädigung innerer Organe und zu Atemwegserkrankungen führen.

Maria Naß hatte ganz andere Ängste. Nach dem Tod ihres Mannes ordnete sie eine Obduktion an. Der Befund: Die Atemwege waren chronisch entzündet, die Leber ebenfalls krank. Sie hat Berlin verlassen. Inzwischen lebt sie mit ihren beiden Kindern in Ostfriesland. Mike Szymanski