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Balkanbilderbuch

■ Drei umstrittene Filme zur Veranstaltung Projektionsfläche Balkan im Alabama

Michael Benson ist empört. Der amerikanische Filmemacher aus Ljubljana, der bei der Berlinale einen Dokumentarfilm über das slowenische Künstlerkollektiv „Neue Slowenische Kunst“ präsentiert, will die Unverfrorenheit nicht mit künstlerischen Argumenten entschuldigen. Im Visier hat er den griechischen Regisseur Theo Angelopoulos, der für sein sinnenschweres Balkanepos Der Blick des Odysseus die zerbombten Straßenzüge von Sarajevo in Zagreb nachstellen ließ. „Wie zynisch muß man sein, um Krieg im Kriegsgebiet nachzuspielen“, fragt er rhetorisch.

Diese Szene ist nur eine der vielen Diskussionen um die filmische Darstellung des Bürgerkriegs, um die „Projektionsfläche Balkan“, wie die multimedial angelegte Veranstaltung heißt, die das Institut für Sozialforschung zusammen mit Kampnagel und dem Alabama-Kino ausrichtet. Neben dem Theaterprojekt Container (siehe Querschnitt Seite I!) werden drei Filme gezeigt, die den europäischen Blickwinkel auf den Balkankrieg veranschaulichen.

Den Anfang macht dabei Underground von Emir Kusturica, dem insbesondere von der französischen Tageszeitung Libération, aber auch von dieser Zeitung der Vorwurf angetragen wurde, ein serbischer Nationalist zu sein. Anstatt sich auf die, zugegeben polemische, Diskussion einzulassen, fühlte sich der in Frankreich lebende Regisseur mißverstanden und ließ verkünden, keinen Film mehr zu drehen. Nicht ohne aber vorher noch zu tönen, daß er als Jugoslawe geboren wurde und auch als solcher sterben werde und sich so einem Nationalismus zu verschreiben, den Kenner für das Movens des Balkankriegs halten.

Etwas anders liegt die Sache bei Angelopoulos, der den Fernsehbildern mit brennenden Rollstuhlfahrern keine weitere Greueltat hinzufügt, sondern ausgerechnet als Filmemacher hinter die bebilderbare Welt kommen will. In einer bedrückenden Szene im Nebel, der den Heckenschützen die Sicht verwehrt und so für kurze Zeit den Kriegszustand außer Kraft setzt, zeigt er unparteiisch die Folgen des Krieges für die Zivilgesellschaft: in eben jenem Nebel tauchen gedungene Mörder auf, die eine ganze Familie in gespenstischer Stille erschießen. Diskussionsstoff lieferten hier, wie gesagt, aber eher die Produktionsbedingungen.

Neben Vor dem Regen von Milcho Manchevski wird eine abschließende Diskussionsveranstaltung auf Kampnagel am 24. März mit einigen an dem Streit beteiligten Journalisten und Kunstschaffenden die Sachlage sondieren. Dabei sind die Filmkritiker Andreas Kilb (Die Zeit) und Mariam Niroumand (Die Tageszeitung), der Chefredakteur von Lettre Antonin Liehm sowie die Theatermacher Dragan Klaic (Theater instituut nederland) und Dramaturg Martin Pees (Container-Projekt).

Volker Marquardt

Termine siehe Kinoprogramm

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