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Archiv-Artikel

Bakterie recycelt tote Flöze

Für die stillgelegten Flöze im Revier gibt es eventuell neues Nutzungspotenzial. Eine Bakterie sorgt für eine zusätzliche Methanproduktion in toten Schächten. Die Leistungsfähigkeit der kleinen Methanproduzenten muss noch erschlossen werden

VON ELMAR KOK

Forscher der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe aus Hannover haben eine Entdeckung gemacht, die den stillgelegten Flözen des Landes eine neue Zukunft bescheren könnte: Bakterien im Innern der mit Wasser gefluteten Schächte produzieren das Gas Methan. Das Gas, das normalerweise auch beim Bergbau austritt und viele Heizkraftwerke im Revier betreibt, könnte somit auch noch lange Jahre nach dem Schließen einer Zeche die umliegenden Gebiete mit Energie versorgen.

Clemens Backhaus, Grubengas-Experte des Fraunhofer Institut Umwelt-, Sicherheits-, Energietechnik (Umsicht), sagt, nun müsse erforscht werden, wie die Mikroorganismen tickten. Nach bisherigen Erkenntnissen lasse sich jedenfalls sagen, dass die Bakterien dafür sorgten, dass über einen längeren Zeitraum Methan frei werde. „Woher die Bakterien die Kohlenwasserstoffe haben, die sie dann zu Methan umwandeln, lässt sich noch nicht sagen“, sagt Backhaus. Es könne sein, dass sie sich auf ehemaligen Holzstützbalken in den Stollen angesiedelt hätten, oder mit dem Oberflächenwasser in die Gruben gekommen sein, sagt Backhaus. Jetzt sei es Aufgabe der Forschung, festzustellen, wodurch die Methan-Produktion der Bakterien beeinflussbar sei.

Welche Möglichkeiten es gebe, den Prozess der Methan-Produktion der Bakterien zu beschleunigen, sei noch nicht erforscht, sagt Backhaus. „Dann ist es durchaus denkbar, in Flözen demnächst mehr Gas als Kohle abzubauen“, sagt Backhaus.

Die Bakterien brauchen nach bisherigen Erkenntnissen nichts als Kohlenwasserstoffe, Wasser und Kohlendioxid. Die wieder gefluteten, alten Stollen dienen den Mikroorganismen als Lebensgrundlage. Aus den Kohleresten produzieren die zur Gruppe der Archaeen gehörenden Bakterien das Bio-Gas Methan.

Der Kohlenwasserstoff entsteht auch schon während und nach der Kohleförderung, wird Grubengas genannt und wird momentan an 30 Zechenstandorten im Ruhrgebiet in Blockheizkraftwerken verbrannt. In den winzigen Hohlräumen in der Kohle ist Methan seit ungefähr 300 Millionen Jahren eingelagert. Das Grubengas, das in den Anfängen des Bergbaus oft für Schlagwetterexplosionen verantwortlich war, wird heute zur Wärmeerzeugung genutzt. Frei ausströmendes Methan ist nach dem Stand aktueller Forschung Treibhausgas und soll das Klima des Planeten Erde rund zwanzig Mal stärker aufheizen, als Kohlendioxid. Früher wurde es über Entlüftungsventile aus den Schächten abgelassen, heute wird es verheizt.

Den Heizwerken könnte durch den Einsatz der Bakterien eine weitaus längere Laufzeit garantiert werden, als es bisher eingeplant war, vorausgesetzt der Umfang der Methanproduktion stimme. Vor dem Einsatz als Methanproduzent müssten die Bakterien noch besser erforscht werden, sagt Backhaus. „Wir müssen vor allem die Frage beantworten: Wovon ernähren sich die Tierchen?“