piwik no script img

Baker sucht Kriegsbündnis

■ US-Außenminister will Anti-Saddam-Koalition auf militärisches Vorgehen gegen den Irak verpflichten Brandt will ab Montag in Bagdad erkunden, ob es noch eine „Alternative zum Krieg“ gibt

Manama/Bonn (afp/dpa/taz) — Der US-amerikanische Außenminister Baker hat zu Beginn seiner einwöchigen Reise in die Golfregion und nach Europa deutlich gemacht, daß er die Bereitschaft der anderen Regierungen erkunden und sicherstellen will, gemeinsam mit den USA militärisch gegen den Irak vorzugehen. Noch auf dem Flug sagte er gegenüber amerikanischen Reportern, er wolle für ein militärisches Vorgehen „das Fundament legen“, falls die von der UNO beschlossenen Sanktionen keinen Erfolg hätten.

Erste Station der Reise Bakers war am Sonntag Bahrain. Dort besuchte er die erste Kavaleriedivision der US-Truppen, die im Osten Saudi- Arabiens im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung in vorderster Front stehen würde. Vor den 4.200 Männern und Frauen sagte er: „Ihr seid weit entfernt von eurer Heimat, aber Amerikaner sind überall dort zu Hause, wo man ihre Prinzipien findet.“ Nächste Stationen der Reise des US-Außenministers sind Saudi-Arabien und Ägypten, wo Baker unter anderem mit Chinas Außenminister Qian Qichen zusammentreffen wird. Im Anschluß reist er in die Sowjetunion, nach Großbritannien und nach Frankreich. Baker deutete an, daß die US-Regierung vor einem militärischen Angriff zur Sicherung des Konsenses der Verbündeten eine Autorisierung des UNO-Sicherheitsrates einholen wolle, obwohl dies nach internationalem Recht nicht erforderlich sei.

Währenddessen wächst offenbar im Irak die Sorge über einem möglichen Angriff. Am Wochenende schlug die irakische Regierung vor, die rund 4.000 westlichen Geiseln gegen die Garantie eines Nichtangriffs freizulassen. Der Präsident des irakischen Parlaments Saadi Mehdi Saleh hatte am Samstag abend erklärt, Bagdad sei zu diesem Schritt bereit, falls sich entweder zwei der fünf ständigen Mitglieder des UN- Sicherheitsrates oder zwei der Länder Frankreich, UdSSR, China, Japan oder Bundesrepublik als „Garanten“ einer solchen Erklärung zur Verfügung stellen würden. Nach Ansicht von politischen Beobachtern soll diese „Friedensinitiative“ die Gefahr eines immer wahrscheinlicher werdenden Angriffs durch US- Truppen bannen.

Unterdessen mehren sich die Versuche westlicher Politiker, über eine Freilassung der Geiseln zu verhandeln. Trotz Kritik aus mehreren europäischen Ländern, vor allem von seiten der britischen Regierung, will der Friedensnobelpreisträger und SPD-Ehrenvorsitzende Brandt am Montag nachmittag vom Frankfurter Flughafen mit einem Sonderflugzeug der Lufthansa nach Bagdad fliegen, um dort die Freilassung westlicher Geiseln zu erreichen. Brandt sagte am Samstag bei der Rückkehr von seiner USA-Reise, es gehe ihm bei seiner Irak-Mission nicht nur um einen „deutlichen Schritt“ zur Lösung der Geiselfrage, sondern auch um die Frage, ob es noch „eine Alternative zum Krieg“ gebe. Im Vorfeld der Irak-Reise Brandts hat die SPD einen Bericht des 'Spiegels‘ dementiert, demzufolge Brandt konkrete Zusicherungen des irakischen Botschafters in Bonn über die Freilassung einer großen Zahl von Geiseln erhalten habe.

Die Hoffnungen auf einen Erfolg von Brandts Irak-Mission ist durch die am Sonntag erfolgte Freilassung von 14 Deutschen und einem Belgier, aller Mitarbeiter der Kölner Baufirma Strabag, verstärkt worden.

Auch der frühere japanische Ministerpräsident Nakasone war nach Bagdad gereist, wo er am Sonntag mit dem irakischen Vizeministerpräsidenten Taha Jassin Ramadan zusammentraf. Nakasone bemühte sich um die Freilassung der rund 350 Japaner, die noch in Irak und Kuwait festgehalten werden.

Die Freilassung weiterer französischer Geiseln ist möglicherweise auf eine Initiative des ehemaligen französischen Außenministers Claude Cheysson zurückzuführen, der Gespräche mit dem irakischen Außenminister Tarik Asis geführt haben soll. „Die Umstände einer Geiselfreilassung müssen immer geheim bleiben“, sagte Cheysson. Die seit dem 2. August von den Irakern festgehaltenen Franzosen — rund 260 Personen — konnten Anfang vergangener Woche nach Frankreich ausreisen. Paris hat wiederholt versichert, dafür keinerlei Verhandlungen mit dem Irak geführt und keinerlei Zusagen gemacht zu haben.

Drei französische Soldaten, die am vergangenen Montag von einer irakischen Patrouille festgenommen und dann dem französischen Geschäftsträger in Bagdad übergeben worden waren, trafen am Sonntag morgen aus Amman kommend in Paris ein. Sie waren am 29. Oktober auf einem Erkundungsgang an der saudi- arabisch-irakischen Grenze von einer irakischen Patrouille aufgegriffen worden.

Unterdessen kam gestern der jordanische König Hussein nach Paris, wo er heute mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Mitterrand zusammentreffen will. König Hussein hatte zuvor mit dem irakischen Außenminister Asis gesprochen, der ihm ein Schreiben von Saddam Hussein übergeben hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen