Bahnkunden und ihre Rechte: Geld zurück per Gesetz
Bahnreisende haben künftig einen Rechtsanspruch auf Entschädigung bei Unpünktlichkeiten der Züge. Ab 60 Minuten wird ein Viertel des Fahrpreises erstattet.
BERLIN taz | Zug unpünktlich, dann den Anschluss verpasst, der nächste Zug kommt erst in einer Stunde und hat zehn Minuten Verspätung. Wer nach einer solchen Odyssee 70 Minuten später als geplant an seinem Zielort ankommt, kann derzeit eine Entschädigung bei der Deutschen Bahn beantragen, die das Unternehmen aus Kulanzgründen gewährt. Ab Mittwoch ändert sich das; dann haben die Fahrgäste einen Rechtsanspruch auf Entschädigung. Grund ist das neue Fahrgastrechtegesetz.
Demnach haben Bahnreisende ab 60 Minuten Verspätung Anspruch auf Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises; bisher gewährte die Bahn 20 Prozent. Ab 120 Minuten Verspätung bekommen die Kunden 50 Prozent des Fahrpreises zurück. Ist nachts zwischen 0.00 Uhr und 5.00 Uhr eine Verspätung von 60 Minuten und mehr zu erwarten, können Reisende statt des Zuges Bus oder Taxi benutzen - und bekommen dafür maximal 80 Euro erstattet. Wenn die Zugverspätung auf höhere Gewalt - etwa ein Unwetter oder ein Suizid auf den Schienen - zurückzuführen ist, gibt es keine Entschädigung.
Erstmals gelten auch im Nahverkehr Entschädigungsregeln; interessant ist hierbei aber vor allem die Taxi-Regel für nächtliche Verspätungen. Denn eine finanzielle Entschädigung gibt es wegen der Bagatellregel des Gesetzes nur, wenn die Entschädigung mindesten 4 Euro beträgt. Das heißt, die Fahrkarte muss mindestens 16 Euro kosten. Und das ist im Nahverkehr selten der Fall.
"Dies ist ein guter Tag für alle Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer in Deutschland", sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. "Mir war es wichtig, dass wir für den Bahnverkehr kundenfreundliche Regelungen gefunden haben, zugleich aber auch sichergestellt ist, dass die Regelungen nicht zu einer drastischen Erhöhung der Fahrpreise führen und den Wettbewerb verzerren."
Der alternative Verkehrsclub Deutschlands (VCD) begrüßt die Neuregelung im Prinzip. Bedauerlich sei aber die Bagatellgrenze, so VCD-Chef Michael Gehrmann. "Im Nahverkehr werden Kunden deshalb häufig nichts bekommen." Besonders ärgerlich sei, dass die bisher beim VCD angesiedelte "Schlichtungsstelle Mobilität" Ende November ihre Arbeit einstellen müsse. Sieben Mitarbeiter könnten ihren Job verlieren. Die Stelle, die jährlich etwa eine halbe Million Euro aus dem Bundeshaushalt bekommt, schlichtet außergerichtlich Konflikte zwischen Bahn und Kunden; sie greift etwa ein, wenn ein Fahrgast eine Entschädigung fordert, die Bahn diese aber nicht gewähren will. Ab Dezember wird eine neue Schlichtungsstelle eingerichtet, die von Bahnunternehmen betrieben und finanziert wird. Da keine "Übergabe" geplant sei, würden die Erfahrungen der bisherigen Schlichtungsstelle entwertet, kritisierte Gehrmann. "Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern." Zudem sei die Schlichtung von Streitfällen im Flugverkehr künftig nicht mehr geregelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!