Bahn unter Korruptionsverdacht: Beamtenbonus von der Bahn
Vorwurf der Staatsanwaltschaft Darmstadt: Die DB Regio hat zwei leitende Beamte bestochen, die mit der bundesweiten Prüfung von Nahverkehrspreisen befasst waren.
BERLIN taz Neue Probleme für die Bahn im Vorfeld des geplanten Börsengangs: Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Darmstadt sollen Manager der Bahntochter DB Regio Beamte des Regierungspräsidiums Darmstadt bestochen haben, die mit der bundesweiten Prüfung von Nahverkerstarifen und Bauvorhaben des bundeseigenen Konzerns befasst waren. Die Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und der aktiven und passiven Bestechung eingeleitet, sagte ein Behördensprecher am Mittwoch. Anlass für die Ermittlungen sei eine anonyme Anzeige gewesen, die die Strafverfolger vor drei Wochen erhalten hätten.
Beschuldigt sind ein 59-jähriger Leitender Regierungsdirektor und ein 50-jähriger Oberamtsrat sowie drei verantwortliche Mitarbeiter von DB Regio. Gegen die Darmstädter Beamten wurde Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr erlassen, die gegen Auflagen - Kontaktsperre und Kaution - ausgesetzt sind. Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft erhielten der Oberamtsrat seit 2001 und der Regierungsdirektor seit 2003 unentgeltlich von den für den Bereich "Preis- und Tarifwesen" zuständigen DB-Regio-Managern Erste-Klasse-Jahresfahrkarten der Deutschen Bahn AG, die zuletzt einen Wert von 5.900 Euro hatten. Die Beamten sollen die Fahrkarten für Dienst- und Privatreisen genutzt haben, ohne ihren Dienstherrn darüber informiert zu haben.
Die Bahn musste bis Ende des vergangenen Jahres neue Nahverkehrstarife den Bundesländern zur Prüfung vorlegen. Dies wurde vom Land Hessen koordiniert, das dafür das Regierungspräsidium Darmstadt eingesetzt hat. Die beiden leitenden Beamten waren nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft im Bereich der Nahverkehrstarife vermittelnd zwischen den Bundesländern und DB Regio tätig; dabei sollen sie Entscheidungsempfehlungen abgeben und Entscheidungen getroffen haben.
Man nehme die Vorwürfe ernst, erklärte die Bahn am Mittwoch. Sollte es tatsächlich unrechtmäßige Handlungen gegeben haben, werde man konsequent reagieren. "Die Darmstädter Beamten hatten keine Letztentscheidungsbefugnis", so DB-Regio-Chef Ulrich Homburg. "Sie fungierten vielmehr als eine Art Koordinierungsstelle zwischen Bund und Ländern." Das Regierungspräsidium hat nach Angaben der Bahn die Voten der Bundesländer eingeholt und bei fehlender Einstimmigkeit das Verfahren an das Bundesverkehrsministerium übergeben; inzwischen ist die Aufgabe des Regierungspräsidiums nach einer Gesetzesänderung auf Fragen der Genehmigung von Beförderungsbedingungen beschränkt; eine Zustimmung zu Preiserhöhungen seitens der Bundesländer ist nicht mehr erforderlich.
Der CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer kritisierte die mögliche Bestechung. Es sei skandalös, dass ein bundeseigenes Unternehmen so auf Beamte eingewirkt habe. Jetzt müsse geklärt werden, "ob die Managementebene der Bahn von den Vorgängen gewusst hat und mitverantwortlich ist".
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