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Bahn schließt KlosNeue ICE-Probleme

Die Aufsichtsbehörde verdonnert die Bahn zu noch mehr Sicherheitschecks. Die schließt aber erst einmal die Zug-Toiletten. Kritiker finden das "Pipifax".

Alles rollt wieder planmäßig - das sagt die Bahn. Bild: ap

BERLIN taz Nach dem Entgleisen eines ICE-Zugs im Juli in Köln hat das Eisenbahnbundesamt angeordnet, die Sicherheitsvorkehrungen nochmals zu verschärfen. Behördensprecherin Bettina Baader sagte am Freitag, die Deutsche Bahn müsse nun bei noch mehr Zügen vom Typ ICE 3 die Achsen häufiger als bisher überprüfen. Ähnliche Regelungen galten bislang nur für Radsatzwellen aus dem Metall, das bei dem Unfall gebrochen war. Jetzt muss die Bahn auch in Achsen aus anderem Material mit Ultraschall öfter nach Rissen suchen. Betroffen sind 17 ICEs, die von und nach Paris, Brüssel und Amsterdam fahren.

Die Bahn hatte laut dem Amt eingeräumt, dass die "Dauerfestigkeit" der Achsen nicht nachgewiesen sei. Sie entsprächen nicht den europäischen Zulassungsnormen. Das Unternehmen hatte nach dem Unfall die Radsatzwellen aller ICE-3-Züge untersucht. "Dort gibt es Unstimmigkeiten, die wir weiter untersuchen", erklärte Baader.

Wegen der Probleme mit den Achsen hat die Bahn laut Baader zumindest vorübergehend Toiletten in den Zügen geschlossen. Dadurch können die Wagen ohne Frisch- und Abwasser fahren und die Achsen entlastet werden. Zudem seien bestimmte Bremsen abgeschaltet worden. Die Bahn habe auch selbst schon die Wartungsintervalle verkürzt.

Das Aktion "Bürgerbahn statt Börsenbahn" kritisierte die Maßnahmen als "Pipifax". Der Konzern solle die Radsatzwellen nicht nur wie jetzt angeordnet alle 120.000 Kilometer untersuchen, sondern alle 60.000 Kilometer. "Die Achsen müssen mindestens jede Woche überprüft, die Geschwindigkeit auf 200 Stundenkilometer begrenzt und neue Achsen angeschafft werden", sagte Sprecher Winfried Wolf. "Es reicht nicht, ein paar Klos oder Bremsen abzuschalten." Er habe gemeinsam mit anderen bei der Berliner Staatsanwaltschaft Anzeige gegen den Bahnvorstand erstattet.

Das Unternehmen gab sich ungerührt. Die Betriebssicherheit aller Züge sei weiterhin gegeben, erklärte ein Sprecher. Wegen der Überprüfungen werde es keine Zugausfälle geben. Zu weiteren Maßnahmen wollte er sich nicht äußern.

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1 Kommentar

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  • NU
    Norbert Urs

    Was für ein Wahnsinn! 101 Tote beim weltweit schrecklichsten Unfall eines Hochgeschwindigkeitszuges bei Eschede, eine Beinahe-Katastrophe vor Köln - all das keine ausreichenden Gründe, vom offensichtlich gemein-gefährlichen Kurs des Kostendrückens vor dem großen Börsengang abzurücken? Bremsen abschalten bei der Bahn klingt, als würde eine Fluggesellschaft mit bruchgefährdeten Flügeln vorsichthalber mit zu wenig Kerosin losfliegen. Schwer zu ertragen, dieser leichtsinnige Umgang mit Menschenleben. Dabei mit "Einschränkungen für Bahnkunden" zu argumentieren ist schlichtweg zynisch.