: Bahn bewegt sich doch
■ Grüne in der Region diskutieren die Folgen der Regionalisierung der Bahn
Während andere Großstädte mit den sie umgebenden „Ballungsgebieten“ durch S-Bahn-Systeme verkehrlich gut verbunden sind, hat die bremische Verkehrspolitik lange Jahre buchstäblich an der Landesgrenze Halt gemacht. Mit dem Verkehrsverbund für den ÖPNV ist mit den niedersächsischen Umland-Gemeinden vor wenigen Jahren ein Anfang gemacht worden, für das Schienennetz der Bundesbahn aber kommen die Verhandlungen um eine „City-Bahn“ und die Finanzierung ihrer Defizite seit Jahren nicht voran. Von der großen „Bahnreform“, die ab 1996 die Regionalverkehre aus dem zentralen Organisationsverbund ausgliedern und einer eigenen, regionalpolitisch zu verantwortenden Logik unterwerfen soll, erwarten die bremischen VerkehrspolitikerInnen sich nun einen Durchbruch.
Damit dieser Schritt von vornherein die Landesgrenzen überschreitet, haben die Bremer Grünen eine Konferenz gemeinsam mit den Umlandgemeinde- Vertretern gemacht, auf der Dieter Mützelburg über den Stand der Überlegungen berichtet hat. Ein wichtiges Problem innerhalb Niedersachsens ist dabei, daß die Landeshauptstadt Hannover das Bremer Umland eher als verkehrspolitisches Hinterland betrachtet. Insbesondere wenn dort demnächst die Expo veranstaltet werden soll, fürchtet Mützelburg, könnten alle verkehrspolitischen Anstrengungen auf Jahre dort konzentriert werden.
Um der Problematik der engen Landesgrenzen von vornherein zu begegnen, schlagen die Grünen vor, eine Verkehrsgesellschaft zu gründen, in der die gesamten Regionalverkehre der Bundesbahn betreut werden. Ziel soll zunächst sein, die bisherige Politik der stückweisen Streckenstillegungen zu beenden. Die Strekke Bremen-Oldenburg könnte „Citybahn“ werden, die Bahnhöfe Hemelingen und Horn-Lehe etwa könnten wieder angefahren werden, geschlossene Bahnhöfe wie Worpswede wiedereröffnet werden.
Während die BSAG immerhin bis zum Jahre 2000 insgesamt 20 Kilometer neue Strecke in Bremen und Lilienthal plant, ist daran bei der Bundesbahn vorerst nicht zu denken. Denn der Zeitplan für die Bahn-Regionalisierung scheiterte bisher an der Frage, wer die Defizite tragen muß. Für die BSAG schießt das Land Bremen im Jahre 1994 150 Millionen zu, allein in den engen Landesgrenzen Bremens rechnet die Bundesbahn mit einem Defizit von 20 Millionen Mark. Für die Region insgesamt besteht nach Angaben von Mützelburg auch ohne große Zukunftspläne ein absehbares Defizit von 50 Millionen, das sich Bremen und Niedersachsen teilen müssen.
Für einzelne Investitionen wird Bremen das Sonderinvestitionsprogramm heranziehen können. Um die laufende Finanznot des öffentlichen Nahverkehrs zu beheben, hat der grüne Fraktionssprecher seine ParteifreundInnen im Umland aufgefordert, nach „weitergehenden Finanzierungsquellen“ zu suchen. K.W.
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