Bahn, Rad, Auto: Verkehr mit allen
Die Hochbahn will es ihren Kunden erleichtern, zwischen Bus, Bahn, Fahrrad, Taxi und Mietauto zu wechseln.
Die Hochbahn will den Besitz eines eigenen Autos überflüssig machen und eröffnet darum Ende Mai am Berliner Tor den ersten „Switchh-Punkt“. An diesem sogenannten Mobilitätsknotenpunkt sollen HVV-Nutzer dann mühelos zwischen Bussen und Bahnen, Fahrrädern, Taxen und Mietautos wechseln können.
Koordiniert wird das über die Website des HVV und eine App, über die die besten Verbindungen abgerufen werden können. Von dem Angebot profitieren vor allem Inhaber von HVV-Abonnements: Für einen Aufpreis von zehn Euro erhalten sie eine „Switchh-Card“ und damit Rabatte für die Mietwagen von Car2go auf der Kurzstrecke und Europcar, falls sie mal aus der Stadt raus wollen.
Hochbahn-Chef Günther Elste nennt das Konzept komplementäre, also sich ergänzende, Mobilität: Der Nutzer soll für jede Fahrt das passende Verkehrsmittel zur Verfügung haben, ohne es selbst besitzen zu müssen. Mit dem (Miet-)rad geht es zur U-Bahnstation, mit der S-Bahn zur Arbeit, mit dem Auto von Car2go zum Supermarkt, mit dem großen Wagen von Europcar zu den Verwandten aufs Land – so die Idee.
HVV: Der Hamburger Verkehrsverbund organisiert für Hamburg und dessen Nachbarkreise den öffentlichen Nahverkehr. Im HVV-Gebiet leben 3,4 Millionen Menschen. Täglich sind 2,3 Millionen Fahrgäste unterwegs.
HHA: Die Hamburger Hochbahn hat 2011 gut 423 Millionen Fahrgäste befördert. In den vergangenen fünf Jahren ist ihre Zahl um zehn Prozent gewachsen.
Car2go: Die Mietwagenfirma hat in zwei Jahren allein in Hamburg 42.000 Kunden gewonnen. Nach Firmenangaben kommen täglich 500 dazu.
Mittelfristig will die Hochbahn 15 „Switchh-Punkte“ an wichtigen Knoten des öffentlichen Verkehrsnetzes errichten. Der erste am Berliner Tor soll eine Million Euro kosten. Dafür werde er aber auch im Sinne eines Vorzeigeprojektes mit allen Schikanen versehen, etwa einem Kundenbüro des HVV, sagte Elste. Car2go und Europcar erhalten insgesamt 18 Stellplätze. Im Gegenzug erhalten Switchh-Karten-Inhaber von Car2go 60 Freiminuten im Monat; Europcar gibt 20 Euro Rabatt auf jedes gemietete Auto.
Nachdem die Pläne im vergangenen Jahre bekannt geworden waren, hatten die Grünen und die CDU in der Bürgerschaft die eigenmächtige Entscheidung der Hochbahn zu Kooperation mit Car2go und Europcar in Frage gestellt. Car2go ist etwas besonderes, weil deren registrierte Nutzer sich überall in der Stadt in eine freies Auto setzen und es irgendwo wieder abstellen können. Aber es ist auch ein Joint Venture von Daimler und Europcar, so dass es aus Hochbahn-Sicht wohl nahe lag, auch bei den größeren Mietautos mit Europcar zusammenzuarbeiten.
„Wir waren am Anfang nicht amüsiert, dass wir nicht angesprochen wurden“, sagte Bettina Dannheim vom Carsharing-Vorreiter Cambio. Dabei gehöre stationsbasiertes Carsharing, bei dem die Wagen an festen Orten abgestellt werden, unbedingt zu so einem komplementären Mobilitätskonzept. Auch Cambio biete einen Tarif ohne Monatsbeitrag an. Die Firma habe großes Interesse an dem Projekt. Elste versprach, dass alle Anbieter nach dem Ende einer zweijährigen Pilotphase Zugang zu den Mietauto-Stellplätzen bekommen sollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen